Das gemeinsame Sorgerecht: eine Checkliste zum Energiehaushalten

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Doch, doch, ich bin ein echter Fan vom gemeinsamen Sorgerecht. Ich mag die Vorstellung und das Ideal von einer gleichberechtigten Elternschaft, in der sich beide getrennten Elternteile gemeinsam um das Kind sorgen.

Und ja, es gibt sie, diese Väter, die das auch so sehen und sich sehr bemühen. In der Regel sind das genau die Väter, die es vor der Trennung auch schon so gehandhabt haben.

Das gemeinsame Sorgerecht zu verweigern ist – selbst wenn die Mutter einen verdammt guten Grund hat – immer schwieriger geworden. Darum geht es mir hier aber nicht.

Es ist, wie es ist. Wir müssen alle zusehen, wie wir das Beste aus Situationen machen, die uns nicht immer gefallen.

Allerdings: Das gemeinsame Sorgerecht ist eine unglaublich anstrengende Angelegenheit, wenn man es sich mit einem narzisstischen Ex-Partner zu teilen hat.

Es geht dann nur vordergründig um das Kindeswohl – eigentlich geht es in erster Linie um Macht und Kontrolle über die Situation und die Ex-Partnerin.

Im Alltag gibt es meiner Meinung nach drei Kategorien, in denen das gemeinsame Sorgerecht ausgeübt wird und seine Unterschrift oder gar Mitarbeit benötigt werden. Sie unterscheiden sich im Ausmaß des von dir benötigten Energiebedarfs voneinander.

  • Anmeldungen zu besonderen Fördermaßnahmen (Musikschule, Sport, Nachhilfe etc.)
  • Einladungen zu Elternabenden und Elterngesprächen
  • Schulwechsel und medizinisch notwendige Maßnahmen

Punkt 1: Anmeldungen zu besonderen Fördermaßnahmen

Dein Kind ist in irgendeinem Bereich besonders talentiert, und du möchtest es gerne fördern? Die richtig guten Trainer oder Lehrer sind allerdings auch kostspielig. Falls du etwas Schriftliches von deinem Ex in der Hand haben möchtest, dass er das befürwortet, könnte er damit auch zur Kasse und um eine Beteiligung bei den Kosten gebeten werden.

Von daher richte dich darauf ein: Ein entsprechend veranlagter Vater wird es entweder boykottieren, damit er dir nicht noch mehr Geld in den Rachen werfen muss oder er wird dich über unregelmäßige Teilzahlungen schikanieren.

Am besten kalkulierst du gleich den vollen Beitrag von deinem Geld, wenn es dir wirklich wichtig ist. Brauchst du seine Unterschrift und er verweigert sie, dann soll es wohl nicht sein.

Mach einen Haken dran.

Punkt 2: Einladungen zu Elternabenden und Elterngesprächen

Du denkst jetzt vielleicht: „Was? Elternabende und Elterngespräche sind kritischer als kostspielige Fördermaßnahmen?“

Aber hallo!

Ja, sie mögen kein Geld kosten, aber sie können für ungleich mehr Ärger sorgen als irgendeine zusätzliche Fördermaßnahme oder eine hinausgezögerte Unterschrift für eine Klassenfahrt.

Elternabende gehören ja mit zu den unliebsamsten Aufgaben von Eltern von Schulkindern. Davor drücken geht gar nicht. Gerade, wenn es das erste Kind in der Schule ist.

Wenn allerdings das Kind bei der Single-Mutter lebt, dann braucht sie in den allermeisten Fällen einen Babysitter. Das kostet.

Jetzt könnte man ja auf die Idee kommen, den gemeinsam Sorge tragenden Vater darum zu bitten, den Termin wahrzunehmen. Und anschließend zu berichten.

In dem Fall könnte der Vater aber meinen, dass er dir damit einen Gefallen tun würde. Und wird eher mit einer fadenscheinigen Ausrede absagen.

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Bei den Elterngesprächen werden die Eltern zum direkten Gespräch mit den Lehrern gebeten, und man hört entweder ganz tolle Geschichten oder muss sich anhören, dass sich das Töchterchen schon wieder dreimal hintereinander vor einer Mathe-Hausaufgabe gedrückt hat.

Interessanterweise kann das ein Terrain sein, auf dem sich ein narzisstischer Ex besonders wohl fühlt, denn er kann dann zusammen mit der Ex-Partnerin auftreten und sich besonders wichtig machen. Vor allem aber die Zeit vor dem Termin und danach kann äußerst unangenehm werden, wenn du dich vor gemeinen Äußerungen nicht schützen kannst.

Vielleicht nutzt er sogar die Gelegenheit, sich im Elterngespräch als besonders verständnisvoll darzustellen, obwohl er von der Lehrkraft überhaupt nichts hält. Oder er fällt dir ständig ins Wort, um dich zu diskreditieren.

Das alles kann schon tagelang im Vorfeld für Kopfschmerzen und Unwohlsein führen, und je nachdem, was er danach noch zu dir sagt, auch noch Tage später.

Die einzige Chance, die man da hat: Der Termin liegt so ungünstig, dass der Ex nicht kommen kann, ohne gleich einen halben Tag Urlaub dafür zu nehmen.

Ist er dabei, dann achte unbedingt auf dich und sorge dafür, dass er dich davor und danach nicht allein zutexten kann.

Aber du merkst: es geht beileibe nicht um das Kindeswohl oder um die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge.

Bei einem Narzissten geht es immer nur um eins: um ihn selbst und darum, eine Bühne zu haben. Auf Kosten deiner Energie.

 

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Punkt 3: Schulwechsel und medizinisch notwendige Maßnahmen

Ein gerüttelt Maß an Energie benötigt frau dann für die erforderliche Abstimmung bei einem Schulwechsel (sei es für den Übertritt auf die weiterführende Schule oder falls das Kind gemobbt wird). Eine besonders „gute“ Gelegenheit für deinen Ex, deine Wahrnehmung zu diskreditieren (bei Mobbing) oder dich bis zum Gehtnichtmehr mit der Unterschrift hinzuhalten.

Seine Macht steigt exponentiell mit der Wichtigkeit bzw. Priorität, die du selbst der Angelegenheit gibst.

Klar bist du als Mutter in heller Aufregung, wenn dein Kind gemobbt wird und du wünschst, dass es auf eine andere Schule kommt, wo es einen Neuanfang starten kann!

Klar möchtest du eher eine Schule für dein Kind, die näher bei Euch liegt und du schon viel Gutes darüber gehört hast.

Allerdings hat hier Euer Kind auch ein Wort mitzureden, und das ist in der Tat ein Hoffnungsschimmer: Sofern er das Kind noch nicht abschätzig behandelt und dessen Wünsche mit einer Handbewegung vom Tisch fegt, wäre das auch für ihn eine Art Notausgang für seinen Zwang, immer eine Gegenposition zu dir einzunehmen.

Bleibt zu hoffen, dass sich Euer Kind eine Schule ausgeguckt hat, die sich mit deinen Wünschen auch deckt! Aber Vorsicht: Er könnte dann auch meinen, du hättest das Kind manipuliert.

Nee – einfach geht anders.

Aber alles oben ist nichts gegen die Macht, die er über dich bekommt, wenn eine wichtige Operation des Kindes ansteht und er seine Unterschrift bestenfalls hinauszögert oder gar ganz verweigert. (Ich lasse jetzt mal Notfall-OPs außen vor, da gelten andere Regeln.)

Was macht man nun mit einem Vater, der nicht einsieht, dass man mit einer Operation schlimme Folgen verhindern könnte? Wenn der Arzt eindeutig sagt, dass es sich z.B. nicht um eine Schönheits-OP handelt, sondern um eine präventive Maßnahme, mit der weitreichendere Folgen, die sogar lebensgefährlich sein können, verhindert werden?

Was macht man als Mutter, wenn man gemeinsam über Wochen mit dem Ex beim Arzt sitzt, dieser geduldig alles erklärt, alle Fragen beantwortet, Skizzen der Schnitte macht und Aufklärungsbogen mitgibt – und der Ex nickt verständnisvoll – aber am nächsten Tag hast du eine Email voll mit Anschuldigungen und Anklagen in deinem Postfach? Dass du Schuld haben wirst, wenn etwas passiert? Und er dagegen ist?

Narzissten sagt man nach, dass sie nicht gern Entscheidungen treffen.

Sie könnten später daran festgenagelt und zur Verantwortung gezogen werden.

So kann es auch sein, dass er gnädig seine Unterschrift gewährt, aber eindeutig kundtut, dass er absolut dagegen ist.

Falls das Kind später mal nachfragt, warum man diese OP mit ihm gemacht habe, wird er mit dem Finger auf dich zeigen und mit gottgleicher, grollender, theatralischer Stimme sagen: „Sie ist schuld!“

Aber das braucht dich nicht zu kümmern. Diesen Satz wird dein Kind so oder so zu hören bekommen, wegen was auch immer.

Also immer einen Schritt nach dem anderen.

Wenn du dir übrigens selbst unsicher bist, ob der Arzt tatsächlich Recht hat –  was spricht dagegen, eine zweite oder sogar dritte Meinung einzuholen?

Wenn er seine Unterschrift tatsächlich verweigert – und du bist aber mit den Ärzten einer Meinung und siehst die OP als wirklich wichtig an – dann gibt es meiner Meinung nach nur eins: Ab zum Jugendamt und offizielle Hilfe und Unterstützung beantragen.

Fazit

Wenn wir das alles auf einen Punkt bringen wollen, dann wohl auf diesen: das gemeinsame Sorgerecht bietet einem Ex-Partner immer wieder Möglichkeiten, Macht und Kontrolle über die Mutter seiner Kinder auszuüben.

Je wichtiger dir eine Sache ist, umso eher ist das der Fall.

Für dein eigenes Wohlbefinden solltest du dich möglichst von solchen Spielchen fernhalten und auf gar keinen Fall Energie investieren, indem du Wut und Ärger zeigst oder sogar schriftlich von dir gibst.

Halte dich am besten an diese Checkliste, wenn du per Email Fakten mit ihm klären musst, um seine Unterschrift zu bekommen:

  • Alle Emotionen entfernt? Prüfe deinen Text auf Sachlichkeit.
  • Alle Fakten (Pros und Cons) hinreichend und ausführlich gelistet?
  • Frist für die Unterschrift gesetzt?
  • Angebot machen: Welche Informationen fehlen dir jetzt noch für deine Entscheidung?
  • Schau dir zum Schluss deine Email mit den Augen eines imaginären Rechtsanwalts deines Ex an. Könnte diese Email jemals vor Gericht gegen dich verwendet werden?

(Nicht, dass ich glaube, dass es immer gleich zum Familiengericht geht – aber Eure schriftliche Kommunikation sollte stets so verfasst sein, dass dir keiner etwas vorwerfen kann.)

Was spricht eigentlich dagegen, die volle Verantwortung zu übernehmen?

Wenn sich der Ex nicht traut, eine finale, weitreichende Entscheidung zu treffen, mach ihm doch eine entsprechende Vorlage.

Denk dran: Du wirst sowieso an allem schuld sein, was schiefläuft.

An ihn zu appellieren, ihn überzeugen zu wollen oder in ihm gar einen Partner zu haben, um eine schwierige Entscheidung für das Kindeswohl gemeinsam zu finden, sind verständliche Wünsche aber nicht sehr realistisch.

Wie siehst du das? Hast du schon ähnliche Erfahrungen gemacht oder Tipps für andere Mütter? Dann schreibe mir doch einen Kommentar weiter unten.

Falls du gleich direkt Hilfe und Strategien für dich suchst, dann lass uns in einem ersten, kurzen und unverbindlichen Erstgespräch schauen, ob und wie ich dich unterstützen kann.

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