Lange, wirklich schon sehr lange habe ich diesen Artikel vor mir hergeschoben. Heute musste er geschrieben werden. Du weißt schon, dass ich immer versuche, dir mit meinen Artikeln Mut zu machen. Selbst im größten Alltagsärger mit dem Ex den Kopf oben zu behalten, dich darin zu trainieren, gelassener zu werden und nicht immer auf die Mätzchen des Ex im Alltag anzuspringen. Ich will dir Möglichkeiten zeigen, wie du deine Kinder begleiten und ihnen auf ihrem Weg ins Großwerden das Beste mitgeben kannst von dir: deine Empathie und deine Warmherzigkeit – und das trotz des anderen toxischen Elternteils, der deine Bemühungen oft mit lautem Bullygehabe übertönt oder konterkariert. Ich versuche, dir mit meinen Texten Wege aufzuzeigen, wie du mit hässlichen Situationen umgehen lernst,  die von ihm fabriziert werden. Vieles davon habe ich selbst erlebt. Ich habe mich mittlerweile freigeschwommen, arbeite aber immer wieder bei überraschenden toxischen Aktionen erneut daran. Das erdet mich. Einiges habe ich aber auch nicht erlebt, wofür ich rückblickend sehr dankbar bin – unter anderem war ich nie vor Gericht oder musste mich gegen das Wechselmodell wehren. Ich kenne „nur“ die Angst, dass mein Ex mir das Kind wegnehmen würde, als es noch ganz klein war. Angedroht hatte er es damals jedenfalls ziemlich oft. Ich habe diesen Text nicht früher schreiben dürfen. Einfach, weil ich nicht darüber schreiben sollte, was ich nicht kenne. Aber heute nehme ich mein Herz in die Hand und versuche das Unmögliche: Dir Mut zu machen, auch wenn du deine Kinder an den Ex verlierst. Immer wieder kämpft eine meiner Court Royal Kundinnen vor Gericht in ihrer -zigsten Verhandlung darum, dass ihre Kinder nicht zum hochtoxischen Kindsvater ziehen müssen. Manchmal stehen die Chancen denkbar schlecht. Falsche Beratung durch den vorhergehenden Anwalt, dazu eventuell noch gravierende Versäumnisse bei wichtigen Fristen und ein Wechselmodell auf Probe können schnell ausweglose Situationen schaffen. Dazu kommt die aktuell Väterlobby-freundliche Rechtsprechung, die damals, als ich mich 2009 trennte, noch undenkbar gewesen wäre. Ich hoffe dann immer mit, dass es nicht zum Äußersten kommt und meine Klientin nicht ihre Kinder an den Ex verliert. Aber was, wenn es doch passiert? Was, wenn der schlimmste aller Alpträume wahr wird? Wenn das Leben einfach mal kurz stoppt und wir nicht mehr wissen, wie atmen geht? Wie soll ein Leben danach funktionieren? Wie soll das gehen?  

Hast Du demnächst einen wichtigen Termin vor Gericht?

Ich helfe dir bei der mentalen Vorbereitung.

Wenn das Unvorstellbare eine Tatsache wird

So, alle Mütter mit toxischen Ex-Partnern, die aktuell nicht im Geringsten damit zu rechnen haben, lesen mal jetzt bitte weg. Gerade wenn du am Anfang der Trennung stehst, fokussierst du dich bitte nicht auf diesen Hammeraspekt. Du achtest darauf, dass du kein Wechselmodell auf Probe zulässt, du suchst dir von Anfang an einen guten und integren Anwalt bzw. eine Anwältin und gehst erst einmal davon aus, dass alles gut wird.

Where focus goes, energy flows (Tony Robbins) – ich kann es nicht oft genug wiederholen.

Nicht jeder toxische Ex wird gleich frei drehen. Nicht jeder ist malign, sprich bösartig. Und nicht jede Mutter mit einem solchen Kindsvater wird in genau diese Situation kommen, dass sie ihre Kinder, die sie zuvor hauptsächlich betreut hat, nur noch jedes zweite Wochenende sehen darf. Wir sprechen hier tatsächlich von einer Minderheit, die allerdings seit 2012 stetig wächst, Väterlobby sei Dank. Wenn sich dann noch eine unkontrollierbare Dynamik mit toxischen Richtern und manipulierten Verfahrensbeiständen entwickelt, wird es einfach schwierig. Also diejenigen, die genau in dieser Situation sind, dürfen weiterlesen.  

Einen Schritt nach dem anderen

Es gibt mehrere Phasen, in denen du dich selbst wieder ermächtigst, aus der Ohnmacht herauszufinden.  

Das Trauma im Gerichtssaal verarbeiten

Bleib an dem Tag möglichst nicht allein. Frag deine beste Freundin, ob sie dich begleitet (sie darf ja leider nicht in den Gerichtssaal, aber sie soll davor warten). Sie soll dich zu dir oder zu sich nach Hause bringen, vielleicht kannst du dann auch bei ihr übernachten. Sie hat einzig die Aufgabe, offen zuzuhören, was du erzählst. Sie braucht dir keine Tipps zu geben – das kann sie wahrscheinlich eh nicht, es sei denn, sie ist selbst Teil des Justizapparates. Sie darf dir alles glauben, was du ihr erzählst. Wenn du niemanden hast, der dich begleiten kann, dann fahre bitte nicht selbst mit dem Auto nach Hause, sondern nimm die Öffentlichen oder ein Taxi. Rufe zu Hause jemanden an, der dir jetzt guttut (und nicht deine narzisstische Mutter!).  

Schreibe dir alles auf, was dich im Saal verletzt und schockiert hat

Schreibe auf, warum das nicht stimmt, was da gesagt wurde. Ausführlichst, bis dir nichts mehr einfällt. Anschließend legst du diese Seiten mit zu deinen Gerichtsakten.  

Suche dir einen warmherzigen und erfahrenen Therapeuten, sofern du noch keinen hast

Spätestens jetzt ist es an der Zeit, dir einen Profi an die Seite zu holen, der dir hilft, diese Situation seelisch aufzuarbeiten. Am besten hast du einen Termin gleich nach der Verhandlung.

 

Besprich dich mit deinem Anwalt bzw. deiner Anwältin

Z.B. welche nächsten Schritte du gehen kannst, um in Revision zu gehen oder eine erneute Evaluierung der Entscheidung herbeiführen zu können. Hole dir ggfs. eine Zweitmeinung ein.  

Hast Du demnächst einen wichtigen Termin vor Gericht?

Ich helfe dir bei der mentalen Vorbereitung.

Der neue Alltag

Wenn dein Kind dann im zweiwöchentlichen Abstand zu dir kommt, schau trotzdem, dass du dich nicht stresst und jetzt zur Bespaßungsmama wirst. Wenn es allerdings schon früher immer so war, dass Ihr viel zusammen unternommen habt, dann mach das auch weiterhin. Bleib authentisch und befreie dich von dem Druck, jetzt die superduper Mutter werden zu müssen, bei der es nie Streit oder Alltag gibt. Die Kindübergaben werden natürlich gerade am Anfang das Schwierigste sein. Aber auch damit wirst du mit der Zeit umgehen lernen, bis es Alltag wird. Falls noch nicht, überlege dir ein Ritual, mit dem es dir und deinem Kind leichter fällt, diese Übergänge zu erleben.

Sei besonders liebevoll und nachsichtig dir selbst gegenüber

In dieser ganzen ersten Zeit nach der entscheidenden Verhandlung ist es wichtig, dass du dir selbst mit Nachsicht und Aufmerksamkeit begegnest. Frage dich: Was brauche ich? Was würde mich jetzt erleichtern, was kann ich mir selbst geben? Lass es langsam angehen. Wenn du dich gut kennst und weißt, dass dich jetzt viel Arbeit von deinem Gedankenkarussell noch am besten ablenkt, dann ist das in Ordnung. Wenn du dich aber z.B. als Selbstständige mit -zig Projekten zuschüttest, erreichst du das Gegenteil. Ich empfehle dir eher, dich zurückzunehmen. Zur Ruhe zu kommen. Gib der Trauer ihren Raum. Schau auch, wo es zusätzliche positive Energiequellen für dich gibt. Wer darf jetzt noch zu deinem inneren Kreis gehören – wer stützt dich, wer ermutigt dich, wer hilft dir? Frage dich: Wo liegt die Perle in dieser auf den ersten Blick schier unerträglichen Situation?  

Und was ist mit deinem Kind?

Dein Kind braucht dich jetzt als Gegenpol zum Alltag mit dem toxischen Ex mehr denn je! Es braucht dich vor allem resilient (sprich psychisch widerstandsfähig), damit es durch dich lernen kann, resiliente Antworten auf eigene schwierige Lebenssituationen zu finden. Es braucht deine Stärke, deine Empathie, deine Liebe, deine Präsenz. Gerade wenn du dich im Moment alles andere als stark fühlst, möchte ich, dass du dir das klarmachst und dich zuallererst darauf konzentrierst, wieder in deine Stärke zurückzufinden. Dazu gehört vor allem auch eine neue, gesunde Portion Egoismus.  

Du darfst dir verzeihen

Am Anfang ist es vollkommen normal, dass du dir den Kopf darüber zermarterst, was du alles hättest tun oder nicht tun sollen und was du alles hättest sagen oder nicht sagen sollen. Du hast keine Schuld an der Situation. Lies diesen Satz noch einmal ganz langsam durch und präge ihn dir ein. Du hast keine Schuld. Man weiß immer erst im Nachhinein, welche Handlung sich als richtig oder falsch herausstellt. Hätte man dir also vorher genau sagen können, was passieren wird, dann hättest du sicherlich anders gehandelt – aber wer hätte das tun können? Du hast in der jeweiligen Situation gemäß deinen Erfahrungen, deinem Glauben und deinen Wertvorstellungen heraus gehandelt. Und das war in dem Moment genau richtig. Dich trifft keine Schuld, dass du die Fassung verloren hast, als dein toxischer Ex eine perfide Lüge nach der anderen vorgebracht und sie als Fakt vorgetragen hat. Dich trifft keine Schuld, wenn Verfahrensbeistände gehirngewaschen und manipuliert werden können und unser Familienrechtssystem Richtern die Möglichkeit einräumt, herrschaftlich und von oben herab die schwächere Partei zusätzlich zu demütigen. Dich trifft keine Schuld, wenn Jugendämter überlastet sind und eine echte Kindeswohlgefährdung nicht von einer behaupteten unterscheiden können. Dich trifft auch keine Schuld, dass du dich in einen Narzissten verliebt hast und mit ihm ein Kind gezeugt hast. Dieses Kind, dessen große Liebe du in dieser reinsten und unschuldigsten Form zuvor noch nie erlebt hast.

Und noch was

Auch wenn deine Welt in dem Moment zusammenzubrechen droht – sie tut es nicht. Sie gestaltet sich um. Sie fordert dich heraus. Sie will das letztmögliche Quäntchen an Kraft von dir mobilisieren. Und das wird auch so sein. Du wirst dich wundern, zu was du fähig bist, wenn du in eine derartig herausfordernden Lebenssituation gerätst, die dich zuerst ohnmächtig werden lässt. In meiner Facebook-Gruppe der Starken Mütter gibt es ein paar Frauen, die ihre Kinder per Gerichtsbeschluss zum toxischen Ex ziehen lassen mussten und Umgangsmamis wurden, auch wenn sie zuvor die Hauptbezugspersonen für sie waren. Diese Mütter sind in der Regel heute ruhig und gefasst. Sie haben ihre Narben aus dem nachehelichen Kampf mit dem toxischen Ex davongetragen – wie alle anderen Mütter auch – aber sie widersetzen sich mit jeder Faser ihres Körpers seinem Wunsch, sie komplett vernichten zu können. Ihre persönliche Entwicklung dorthin ist enorm und unvergleichlich. Sie stehen heute anderen Müttern, die am Anfang ihrer Reise stehen, mit hilfreichen und überaus wertvollen Tipps zur Seite. Sie engagieren sich politisch. Sie entdecken ungewöhnliche Wege, anderen zu helfen, indem sie selbst beraten oder coachen. Wie siehst du das? Hinterlasse mir doch bitte einen Kommentar weiter unten, falls du eine Umgangsmama bist. Wenn es schon länger her ist: Was hat dir am besten geholfen in der ersten Zeit? Ich umarme dich ganz fest, meine Liebe. Merke: Die Kraft ist weiblich.