Wenn die Angst sich verselbständigt und du nicht mehr weißt, was du tun sollst
Wenn du einen toxischen Ex hast, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass du das Gefühl der Angst sehr gut kennst.
In der Beziehung hattest du Angst, wenn er nach Hause kam. Welche Laune wird er heute haben? Hoffentlich lief das Gespräch mit seinem Boss gut, sonst wird es heute Abend wieder hässlich! Hoffentlich schmeckt ihm das Essen. Habe ich jetzt auch alles schon weggeräumt, was er heute morgen noch spitz bemerkt hatte?
Montags hattest du Angst vor der Woche.
Freitags hattest du dagegen Angst vor dem Wochenende, wenn er sich wieder zurückziehen würde und dich mit dem Baby allein ließ.
Du hattest Angst vor dem nächsten Fehler, den er dir ohne Gnade umgehend vorhalten würde.
Ich weiß, welchen großen, mutigen Schritt du gewagt hast, als du die Trennung überhaupt erst mal in die Wege geleitet und dann auch ausgezogen bist!
Aber auch seit der Trennung gibt es immer wieder genügend Gelegenheiten, Angst zu empfinden.
Was wird er als nächstes tun? Mich vor das Familiengericht zerren? Das Kind nicht pünktlich nach Hause bringen und es gleich einbehalten? Was wird er in seiner Umgangszeit mit dem Baby anstellen? Der hat doch keine Ahnung? Wohin wird er mit dem Kleinkind verreisen?
Irgendwann stellst du mal verwundert fest, dass du wirklich ein großer Angsthase geworden bist. Eine Entwicklung, die du dir noch vor fünf, zehn Jahren für dich niemals auch nur annähernd hättest vorstellen können!
Nicht wenige der Mütter, die mir folgen, waren vor der Beziehung mit dem toxischen Ex-Partner gestandene Frauen. Strahlende, selbstbewusste Persönlichkeiten, durchaus sehr erfolgreich in ihrem Beruf. Dazu zähle ich mich auch selbst.
In der Beziehung und in den ersten Jahren danach sieht es dagegen ganz anders aus. Die Mütter wurden zu einem Schatten ihres Selbst.
Also falls du dich wunderst, wie aus dir eine so ängstliche Frau werden konnte, dann darf ich dir versichern, dass du nicht allein bist!
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Natürlich ist das das Ergebnis der Beziehung mit den alltäglichen subtilen Manipulations- und Verunsicherungsbemühungen des narzisstischen Ex-Partners. Steter Tropfen höhlt schließlich irgendwann mal jeden Stein!
Am Ende empfindest du den Mann als wesentlich stärker und mächtiger als dich selbst – obwohl er das eigentlich gar nicht ist. Allein seine virtuosen Fähigkeiten, die abstrusesten Drohungen von sich zu geben und dich einzuschüchtern – wer, wenn nicht ein ehemaliger Partner kennt unsere intimsten Achillesfersen nicht bestens? – sorgen schon dafür, dass du dich klein und unterlegen fühlst und Angst bekommst.
Es gibt zwischen euch ein mentales Ungleichgewicht, was er für seine Zwecke ausnutzen wird. Er braucht unbedingt die Kontrolle über dich – und deine Angst – um sich weiterhin groß und mächtig fühlen zu können.
Denn auch er hat Angst und sein Selbstwert ist grottenschlecht – er hat mit seiner narzisstischen Persönlichkeitsstörung nur eine andere Strategie gewählt, um diese zu kaschieren. Und die heißt absolute Kontrolle und stetige Verbindung zu deinen Emotionen.
Ich möchte dir gern helfen, die Angst aus einem anderen Blickwinkel heraus zu betrachten. Du weißt ja, ich bin keine Therapeutin – sofern sich deine Angst also schon so verselbständigt hat, dass du regelrechte Panikattacken bekommst, dann solltest du eine entsprechende Fachfrau aufsuchen und das ganz konkret angehen.
Aber in allen anderen Fällen möchte ich dich gerne dazu einladen, die Angst nicht als bedrohlich zu sehen, sondern als einen Hinweis deiner Seele, da näher hinzuschauen und den nächsten Schritt genau in diese Richtung zu gehen.
Also dich nicht abzuwenden und den Kopf in den Sand zu stecken, sondern zu schauen, welche Chancen hinter der Angst stehen.
Ich kann dir versichern, dass ich mich damals in den ersten Jahren nach der Trennung mit meinem Kleinkind – mein Sohn war 1 Jahr alt, als ich auszog – sehr gefreut hätte, wenn jemand mich mal zur Seite genommen hätte, um mir zu sagen, dass die Angst einfach zum Wachstum aus der Krise dazu gehört.
Ich hoffe jedenfalls sehr, dass dir dieser Text helfen wird, mit der Angst über die kommenden Monate besser umgehen zu lernen.
Die Angst zeigt dir den Radius deiner aktuellen Komfortzone
Stell dir vor, du stehst in einem Kreis. In diesem Kreis fühlst du dich sicher und routiniert. Die täglichen Handgriffe sitzen, du weißt genau, was zu tun ist, und vielleicht machst du vieles schon ganz automatisch, ohne groß darüber nachzudenken. Du hast keine Angst.
Das ist deine Komfortzone, Sweetheart.
In der Beziehung mit einem toxischen Ex kannst du dir diese Komfortzone in der Größe eines Hula-Hoop-Reifens vorstellen. Die täglichen Handgriffe im Haushalt, das Aufstehen, die Wäsche, das Kochen und Einkaufen – all das läuft routiniert ab. Du kennst mittlerweile auch die Trigger, mit denen dein Noch-Partner die Impulskontrolle verliert, und hütest dich tunlichst, diese zu bedienen.
Aber der Hula-Hoop ist schon verdammt klein und arg begrenzt, oder? Viele, ganz viele Mütter ertragen eine unglaublich kleine Komfortzone in ihrem Alltag mit einem toxischen Ex. Das lässt doch gar keinen Raum mehr zum Atmen?
Sobald sie aus diesem engen Hula-Hoop-Reifen heraustreten möchten betreten sie unbekanntes Terrain.
Und das macht erst einmal Angst.
Vielleicht erinnerst du dich auch noch an die Zeit, als du Autofahren gelernt hast. Hattest du auch Angst vor der nächsten Fahrstunde, geschweige denn der Fahrprüfung? Mittlerweile denkst du gar nicht mehr darüber nach – du setzt dich ins Auto und fährst los.
So geht es mit jeder neuen Fähigkeit, die du erlernen wirst. So hast du jeden Jobwechsel überstehen müssen mit der bangen Frage, ob du den neuen Aufgaben auch gewachsen sein wirst. Und hast es doch jedes Mal gepackt!
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Stell dir das Reiten der Wellen, die dein toxischer Ex unzweifelhaft nach der Trennung aufwerfen wird, einfach wie das Erlernen einer neuen Fähigkeit vor. Du wirst auch das lernen, damit umzugehen!
Du erweiterst deine Komfortzone Schritt für Schritt – und damit weicht die Angst immer weiter ins Außen ab. Und gibt dir damit einen klaren Hinweis darauf, wo deine Komfortzone endet und welchen Schritt du als nächstes gehen musst, um die Grenzen erneut ein bissel zu verschieben.
Die erste eigene Wohnung mit dem Kind allein bezogen. Check.
Den ersten Urlaub ohne männliche Hilfe. Check.
Die erste gemeinsame Elternberatung wieder mit ihm in einem Raum. Check.
Die erste Gerichtsverhandlung. Check.
Das erste Mal fremden Menschen auf die Füße getreten, weil man klar seine Meinung vertreten hat und sich selbst und seinen Überzeugungen und seinen Werten treu geblieben ist, obwohl man es sonst lieber jedem recht machen möchte. Check.
Das erste Mal auch den eigenen Eltern Grenzen aufgezeigt und NICHT mehr überschreiten lassen.
Das erste Mal wieder aufs Datingparkett gewagt und einen Mann, der doch sehr von sich überzeugt war und dich gönnerhaft behandelt hat, eine klare Abfuhr erteilt. Check.
Gehorchst du der Angst, Sweetheart, bleibst du klein und gefangen in einer viel, viel zu kleinen Komfortzone.
Betrachtest du die Angst dagegen als Leuchtturm und Hinweis als Rand deiner Komfortzone, dann liegt dahinter die emotionale Freiheit.
Manchmal hat man Mut und macht einen riesengroßen Schritt. Dann kaufst du einen wirklich sauteuren Onlinekurs bei deinem Lieblingscoach und bist danach ganz atemlos! Oder du buchst ein Meditations-Retreat von mehreren 1000 Euro. Oder du kaufst ganz allein deine erste Eigentumswohnung. Oder du gehst allein zu einem nicht ganz so seriös wirkenden Autoverkäufer und kaufst ohne fremde männliche Hilfe ein Auto.
Und manchmal sind es nur winzigkleine Babyschritte. Da ist es das Telefonat mit der neuen Anwältin, die dir empfohlen wurde. Oder die Email, die du beantworten musst, und wo du ein klares Statement zu deinen Grenzen abgeben musst, obwohl du nicht abschätzen kannst, wie es bei dem Empfänger ankommt.
Was uns zum letzten, wirklich ultimativ wichtigen Punkt bringt:
Lass dich bitte niemals von der Angst leiten, wenn du eine Entscheidung treffen musst! Sondern ausschließlich von den Chancen, die jenseits dieser Komfortzonen-Grenze liegen.
Also überlege nicht, was andere darüber denken könnten oder als nächstes tun würden, wenn du die Entscheidung jetzt so oder so triffst. Gerade bei Narzissten kannst du selten etwas vorhersehen oder gar verhindern.
Denke immer daran, welche Möglichkeiten dahinter liegen. Welche Türen danach aufgehen könnten. Wieviel inneres Wachstum das für dich bedeuten könnte!
Ich selbst war zeit meines Lebens stets der größte Angsthase. Und auch heute habe ich noch Ängste, klar – die gehören ja dazu!
Aber für mich sind meine Ängste mittlerweile meine größten Freundinnen geworden – sie zeigen mir mit schlafwandlerischer Sicherheit an, wo noch mein Wachstumspotenzial liegt. Und da inneres Wachstum mein größter Treiber und Wert ist, zieht mich alles genau da hin.
Du glaubst nicht, wie frei und unbeschwert es sich in einer immer größer werdenden Komfortzone leben lässt! Ja, trotz toxischem Ex!
Wann steigst du aus deinem Hula-Hoop-Reifen, Sweetheart? Oder wie groß schätzt du deine aktuelle Komfortzone ein? Welche Ängste zeigen dir den Rand an?
Hinterlasse unten doch bitte deinen Kommentar dazu und wie du das siehst. Merci!
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Ich freue mich über diesen Artikel, Heidi. Ich habe eine schlimme Phase massiver Angst hinter mir, da meine Kollegin vor einem halben Jahr von ihrem narzisstischsten Partner erstochen wurde, als sie sich trennen wollte. Es gab soo viele Parallelen zwischen ihrem Mann und meinem Exmann. Nach dieser Tat war ich panisch. Aber: (mit aller Unterstützung, die privat und professionell zu haben war und ist) ich habe mich der Angst stellen können. Ich wusste schon vorher, dass meine Angst und nicht mein Ex mich daran hindern, endlich frei zu sein (ich habe mich vor 5 Jahren nach vielen gemeinsamen Jahren getrennt). Auch wenn es ein ganz furchtbarer Anlass war – ich bin dankbar dafür, denn dadurch habe ich mich dieser Angst, die ununterbrochen hinter allen kleineren Ängsten lauerte, stellen müssen.
Ich weiß jetzt (also so richtig tief): Ich kann someone Tat nicht durch Kontrolle verhindern und nicht durch Selbststärkung oder sonstwas – aber ich kann mit dieser Gefahr genauso gut leben, wie mit der vergleichbar großen, im Straßenverkehr ums Leben zu kommen. Und das ist ein wirklich gutes Gefühl. Damit bin ich wieder handlungsfähig, wirkmächtig und entwicklungsfähig. Und jetzt gehe ich Schritt um Schritt meine kleineren Ängste an. Manchmal freue ich mich inzwischen auf die Herausforderung, denn jedesmal, wenn ich eine bestehe, warten Geschenke des Lebens auf mich.
Darum freue ich mich, dass du das Thema aufgegriffen hast!
Heidi , Deine Worte treffen mal wieder wie der Pfeil ins Schwarze!
Manchmal habe ich das Gefühl, du schreibst genau über meinen Fall (Check!)
Ich hatte solche schrecklichen Ängste, vor allem in der Beziehung und mittlerweile weiß ich, dass fast all meine Ängste sich leider bewahrheitet hatten Bzw leider Gottes begründet waren.
Ich hatte Angst davor, dass er meinen Kindern was tun könnte (miese Manipulation seitens seiner Eltern und ihm zu Beginn des Gerichtsprozesses, zum Glück hatte ich eine tolle Gutachterin, die das durchschaut hat!! ).
Er hat mir gedroht, dass er mir meine Kinder wegnehmen wird, wenn ich gehe (er ist direkt nach der Trennung zum Familiengericht und hat einen Sorgerechtsstreit angezettelt und behauptet ich wäre paranoid).
Leider war ich auch immer „paranoid“ (sein O-Ton), wenn ich ihn auf seine Affären angesprochen habe (das geringe narzisstische Selbstbewusstsein brauchte außerhalb unserer Beziehung leider noch viel andere weibliche Bestätigung), was er stets vehement verneint hatte und rasend vor Wut wurde, wenn ich ihn darauf ansprach.
Ich hatte solches Glück mit den Verfahrensbeteiligten (außer der Anwältin des Kindes, die ist ihm völlig auf den Leim gegangen).
Meine zuständige Sachbearbeiterin vom Jugendamt (sie hieß mit Vornamen Maria und hat ihrem Vornamen alle Ehre gemacht) hat festgestellt, dass er mich pathologiesiert.
Das muss man sich mal vorstellen!
Er hatte sogar in der neuen Kita angerufen und der Leiterin erzählt, dass ich paranoid wäre, worauf hin mein Anwalt ihm eine Verleumdungsklage geschickt hat.
Trotz dieser widerlichen Nummer, die er abgezogen hat, bin ich nun auf dem Weg zu der starken Frau, die immer in mir gesteckt hat.
Ich habe keine Angst mehr. Ich lasse mir nichts mehr gefallen. Wer einmal gegen den Teufel gekämpft hat, der lernt seine Frau zu stehen.
Liebe Heidi,
du hast ins schwarze getroffen mit deinem Artikel. Mir ging es sehr viele Jahre so, dass mich meine Angst so gesteuert und im Griff hatte, dass ich teilweise das Gefühl hatte total Handlungsfähig geworden zu sein. Ich sah viele Dinge an mir vorbei ziehen, und wusste ich muss was ändern, aber ich konnte nicht. Ich war innerlich wie gelähmt.
Und dann wurde für mich dieser innerlicher Druck immer größer und die Stimme immer lauter. Du musst etwas ändern und du darfst dich nicht von deiner Angst dominieren lassen.
Ich traue mir heute mehr zu und fühle mich auch nicht mehr schlecht, wenn ich meine Meinung vertrete und an meinen Werte festhalte. Ich wachse jeden Tag und das tut mir unheimlich gut. Ich bin noch lange nicht da wo ich sein möchte, aber ich bin auf einem guten Weg.
Rückblickend merke ich dann was dieses Verhalten und die Drohungen von meinem Expartner alles mit mir gemacht haben, und das ich ihm diese Macht nicht mehr in meinem Leben geben möchte. Es ist ein steiniger Weg, trotzdem machbar. Der Weg ist das Ziel und ich möchte einfach wieder selbstbestimmt und frei leben können.
Vielen Dank für deinen aufschlussreichen Artikel.