Stress mit dem Jugendamt

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Von meinen Kundinnen gibt es kaum eine Mutter, die nicht schlechte Erfahrungen mit dem Jugendamt gemacht hat. Ich frage ganz am Anfang unter anderem nach ihren Unterstützern im Helfersystem, und wenn dann mal eine mit einer ganz besonderen Betonung meint „Ich habe eine gaaanz tolle Sachbearbeiterin beim Jugendamt“ und ich mich für sie schon freue, kommt gleich danach: „Sorry, das war ironisch gemeint, Heidi!“

Noch einmal zur Erinnerung: ich arbeite ausschließlich mit Müttern, die einen toxisch-narzisstischen Ex-Partner haben, sich mit ihm das Sorgerecht teilen und ihn im Umgang mit den Kindern erleben.

Diese Mütter sind – das liegt in der Natur der narzisstischen Liebesbeziehung – in der Regel sehr empathisch, liebevoll und gutherzig. Narzisstische Mütter, die es sicherlich gibt, meiden mich – und das ist gut so und soll so bleiben.

Einige meiner Kundinnen erlebten physische Gewalt in ihrer Beziehung mit dem toxischen Mann. Die meisten „nur“ emotionale Gewalt, wobei ich immer noch nicht weiß, was für eine Frau und Mutter schlimmer ist.

Zumindest stehen die Chancen höher, dass Andere nicht mehr die Augen davor verschließen können, weshalb der Mann ein Gewaltproblem hat, wenn die Frau mit blauen Flecken herumläuft.

Bei emotionaler Gewalt steht man hingegen als Frau – und insbesondere als Mutter – blöd da.

Keine Beweise.

Keine Anerkennung in der Gesellschaft, dass auch emotionaler Terror Gewalt ist.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich schreibe das hier nicht, um dafür zu werben, dass diese Mütter als Opfer behandelt werden. Als Opfer betitelt zu werden hält schwach, ruft Mitleid hervor, macht klein.

Aber diese Mütter sollten so schnell wie möglich wieder zurück zu ihrer Stärke finden und müssen darin unterstützt werden.

Das geht nicht, wenn sie in öffentlichen Räumen, im Gerichtssaal, bei Behörden und vor allem in Jugendämtern vorverurteilt werden, währenddessen sich der toxische Ex in bester Verfassung befindet und ihm alle Außenstehenden durch ihr Verhalten beweisen, dass seine narzisstische Strategie funktioniert.

Ich behaupte:

1) Jugendämter schützen die Rechte der Väter, nicht der Kinder.

Ich habe von einem Fall gehört, in dem eine Sachbearbeiterin einem Vater das Wechselmodell mit den Worten andiente, das sei sein gutes Recht – er selbst hatte es gar nicht gefordert – obwohl die Umgänge regelmäßig stattfanden und das nicht mal das Problem war, weshalb die Eltern dort waren. Die Antwort: Er würde es sich überlegen und mal durch den Kopf gehen lassen, wie er das hinbekommen könne. Seitdem schwebt das Damoklesschwert des Wechselmodells über dem Haupte der Mutter – das ist so ungefähr der Worst Case, den man als Mutter im Alltag mit einem toxischen Ex erleben kann.

Damit kann man natürlich auch sehr gut für einen ausgefüllten Terminkalender des Sachbearbeiters über die kommenden Jahre sorgen. Denn jede einzelne Kleinigkeit, über die man sich im Wechselmodell-Alltag nicht einigen kann – und davon wird es viele geben! – wird dort zur Sprache kommen und die Akten füllen.

Ich höre schon die Zweifler sagen: Zum Streiten gehören schließlich immer zwei!

(Mein Lieblingssatz übrigens. Meistens von völlig Ahnungslosen vorgebracht, die Narzissmus nur von Hörensagen her kennen und sich nicht im entferntesten vorstellen können, was es heißt, mit einem solchen Menschen zusammenzuarbeiten oder zu leben oder das Sorgerecht gestemmt bekommen zu müssen.)

Nee, du, es kann auch wunderbar einer allein vor sich hin streiten und alle anderen an den Rand des Wahnsinns bringen!

Es gibt im Übrigen auch Sachbearbeiter, die negieren, dass Manipulationen durch den Kindsvater stattfanden, oder die vor Gericht dafür plädieren, dass die Gesundheitsfürsorge dem Vater übertragen wird, selbst wenn dieser in der Vergangenheit sich nie darum gekümmert hat, das Kind zum Arzt zu bringen.

2) Die einzigen natürlichen Schutzpersonen der Kinder – die Mütter – werden abgewertet und nicht für glaubhaft befunden.

Ich finde es unerträglich, dass die Mütter, was die Beurteilung des psychischen Zustandes ihrer Kinder angeht, als nicht qualifiziert betrachtet und auch so behandelt werden. Alle Außenstehende – inklusive sämtlicher Sachbearbeiter im Jugendamt, die noch nie mit dem Kind gesprochen haben – wissen besser Bescheid als eine Mutter, die ihr Kind größtenteils betreut und bedürfnisorientiert erzieht.

Die Mutter,

  • die kaum die richtigen Worte findet, um den perfiden Alltags-Kontroll-Wahn ihres Ex zu beschreiben;
  • die immer noch zittert, wenn sie im gleichen Raum mit dem Ex sein muss, aber vom Jugendamt dazu aufgefordert wird, um ihren guten Willen zu zeigen;
  • die alles getan hat, um vorher „Fünfe gerade sein zu lassen“ und ihren guten Willen auf eine gütliche Trennung zu bezeugen aber
  • nach langer, viel zu langer Zeit endlich schweren Herzens den Schritt zum Jugendamt macht, um von offizieller Seite Unterstützung und Hilfe zu bekommen, auch wenn sie einen Höllenschiss davor hat, was dem Ex danach noch einfallen könnte, um sich für diesen Schritt zu rächen –

diese Mutter sieht sich nicht selten im Amt mit einem Sachbearbeiter oder einer Sachbearbeiterin konfrontiert, die bereits einer Gehirnwäsche unterzogen wurde gemäß dem Motto: „Wenn der Vater sich kümmern will, ist das auch für das Kind gut.“

Punkt. Basta. Aus.

Mütter berichten mir oft, dass sie das Gefühl hatten, schon von Anfang an von der Sachbearbeiterin vorverurteilt worden zu sein. Allein, weil sie die Mutter des Kindes sind, welches gerade ein Problem hat und über dessen Schicksal entschieden werden muss.

Meistens fängt es schon bei der Terminvergabe an, getreu dem Motto: „Wenn ich sage, du kommst, dann kommst du!“ Das bringt die alleinerziehende Mutter im Teilzeitjob ganz schön in die Bredouille bei ihrem Arbeitgeber, der bei allem guten Willen irgendwann sich auch nur noch fragt, wann die Dame überhaupt noch zum Arbeiten kommt.

 

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3) Umgänge werden auch mit Gewalt herbeigeführt, ohne Rücksicht auf bereits bestehende Traumatisierungen der Kinder.

Ich finde es immer wieder bestürzend, wenn ich mitbekomme, wie sich das ganze Helfersystem dahinterklemmt, dass der Vater auch ja Umgang mit seinem Kind bekommt. Egal, ob der die Mutter früher schon mal geschlagen hat. Er hat ja dem Kind noch nichts getan…

Das als Mutter im Jugendamt zu hören ist allein schon der krasse Wahnsinn.

Damit bekommen gewaltbereite Väter überhaupt erst die Gelegenheiten eingeräumt, Gewalt an ihren Kindern zu verüben!

Ich höre immer wieder von Situationen über bereits verurteilte Männer mit Näherungsverbot, in denen die Mutter ohnmächtig mitansehen muss, wie ihr ebenfalls traumatisiertes Kind trotz Wehren mit Händen und Füßen (oder anderem auffälligen Verhalten) dazu gezwungen wird, jetzt gefälligst Kontakt mit dem Papa zu haben, vor dem es sich so ängstigt.

Klar, das hat es von der Mutter, die ihre eigenen Ängste vor dem armen Kerl nicht in den Griff kriegt. Die muss unbedingt zur Therapie!

Werte Jugendamts-MitarbeiterInnen: Hier vergewaltigt Ihr nicht nur die Mütter, sondern und vor allem auch die Kinder.

 

4) Mitarbeiter im Jugendamt werden nicht ausreichend und umfassend auf das Erkennen von Persönlichkeitsstörungen geschult

Jugendamts-Mitarbeiter haben einen großen Schulungsbedarf, was das Erkennen von narzisstischen Verhaltensmustern angeht.

Sie lassen sich oft von der geschliffenen Rhetorik des toxischen Elternteils blenden und haben keine Ahnung von den Mechanismen psychischer Gewalt, die sich im Gespräch vor ihren Augen abspielt.

Wie ließe sich sonst erklären, dass sie immer wieder darauf bestehen, beide Elternteile zusammen in einem Raum zu befragen, obwohl das die betroffenen Mütter heftig triggert?

Der narzisstische Ex-Partner wird in ihrem Beisein Lügen erzählen, dass sich die Balken biegen, und bei denen sie die Fassung verlieren muss. Er wird später alle Details aus dem gemeinsamen Gespräch gegen die Mutter verwenden. Und er wird sich an der emotionalen Verzweiflung und Hilflosigkeit seiner Ex noch tagelang danach erfreuen.

Das Sahnehäubchen kommt meistens zum Ende des Gesprächs: Dann wird den Eltern dringend empfohlen, zu einer Erziehungsberatungsstelle zu gehen und eine Mediation zu machen. Oder einen Ratgeberkurs zu buchen, den manche Mütter mit toxischen Ex-Partnern als reinsten Hohn wahrnehmen.

Sie selbst sind ja willig, ihr Kind liebevoll und zugewandt zu begleiten – aber wenn der Vater nicht mitspielt? Was ja eigentlich einer der Hauptgründe war, weshalb man das Jugendamt um Hilfe bittet. Aber egal.

Hast Du demnächst einen wichtigen Termin vor Gericht?

Ich helfe dir bei der mentalen Vorbereitung.

5) Keine stabilisierende, langfristige Unterstützung bei hochkonflikthaften Elternpaaren

Hat man einen Sachbearbeiter zugewiesen bekommen und kam irgendwie zurecht – dieser war erfahren, hatte eigene Kinder – kann es sein, dass der Sachbearbeiter nach einem oder zwei Jahren wechselt. Diesmal ist der Sachbearbeiter jung und frisch von der Uni ohne Kinder und man muss wieder mit der Geschichte von vorn anfangen.

Meistens hört dann die Mutter: „Sie müssen jetzt mal die Vergangenheit ruhen lassen und nach vorne schauen.“

Nicht selten sind alte Protokolle und Notizen schon gelöscht (oder vielleicht wird es auch nur behauptet, sie seien nicht mehr vorhanden – es gibt schließlich Aufbewahrungsfristen).

Die meisten Hämmer hat sich der Ex-Partner aber nun mal in der Vergangenheit geleistet, und wir wissen, dass sich das auch in der Zukunft nicht ändern wird.

(An alle Zweifler: Krankhafte Narzissten ändern sich nicht – es wird nur schlimmer.)

Wenn die Beispiele aber mit einem Handwisch vom Tisch gefegt werden, steht man hilflos neben dem Strahlemann, der sich wie immer perfekt verkaufen konnte und mit der neuen Sachbearbeiterin noch besser zurechtkommt als mit der Vorgängerin.

Ist eine Mutter von Anfang an irritiert über das Desinteresse oder der mangelnden Neutralität der Sachbearbeiterin, hat sie hingegen keine Chance, diese auf Wunsch ausgetauscht zu bekommen.

6) Die örtlichen Jugendämter agieren mit großer Willkür

Was auffallend ist, ist die Willkür, mit der die Jugendämter von Stadt zu Stadt unterschiedlich vorgehen. Es gibt offensichtlich keine Checklisten und keine Richtlinien für den Sachbearbeiter entsprechend zu begründen, warum er die Empfehlung oder Entscheidung so oder so getroffen hat.

Ich höre von Sachbearbeitern, die zuerst so reden, aber ein komplett konträres Statement verfassen, und nicht selten ist eine Mutter dann vor Gericht mit einer schriftlichen Stellungnahme des Jugendamtes konfrontiert, die sie vollkommen überrascht.

Kommt ebenfalls vor: Das Nichterwähnen von bestimmten Fakten, die für eine gerechte Beurteilung eines Falles vor dem Familiengericht wesentlich gewesen wären. Oder gleich eine Kindeswohlgefährdungsanzeige der Mutter unter den Tisch fallen zu lassen.

Es müsste demnach dringend eine neutrale Aufsichtsbehörde her, die die Jugendämter bundesweit kontrolliert.

Die ein Schulungs-Curriculum für jede/n Sachbearbeiter/in im Jugendamt vorgibt, welches eingehend überprüft und regelmäßig durch einen Qualitäts-TÜV geht, um sicherzustellen, dass keine einseitigen Lobbyinteressen in die Gehirne der MitarbeiterInnen gepflanzt werden.

 

Unterm Strich

Kann ich einer Mutter mit einem toxischen Ex-Partner empfehlen, zum Jugendamt zu gehen, um sich dort helfen zu lassen? Klar kommt sie nicht umhin, falls sie vom Ex oder per Gericht dazu gezwungen ist. Aber von sich aus?

Ich zögere.

Kennst du denn ein Gegenbeispiel eines gut arbeitenden und unterstützenden Jugendamtes, sofern du einen toxischen Ex-Partner hast? Dann schreib es bitte unten in die Kommentare.

Disclaimer: Mir ist natürlich klar, dass es sich hier um keine repräsentative Studie handelt. Aber es ist nicht mehr hinnehmbar, dass es auch nur einen solcher Fälle gibt, in denen großes Unrecht geschieht – den Kindern gegenüber, die nicht geschützt, sondern regelrecht ausgeliefert werden. Einfach, weil man den Müttern nicht glaubt und psychischen Missbrauch negiert. Für die Väterrechte.

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