Droht dir ein Familiengutachten? Hier ist die ultimative Checkliste für dich und deinen Anwalt
Ich habe in diesem Artikel schon beschrieben, dass du tunlichst ein Familiengutachten vermeiden solltest.
Leider gibt es mittlerweile bei den Familiengerichten die äußerst bedenkliche Tendenz, dass gleich im ersten Verfahren vom Richter ein Familiengutachten gefordert wird.
Das kommt dann für viele sehr überraschend.
Vielleicht gab es im Vorfeld Hinweise, mit denen dich dein Rechtsbeistand mit allen vorliegenden, starken Argumenten in Sicherheit wähnte.
Dass das Jugendamt sich schon für deine Vorschläge offen zeigte und bemerkte, dass der Kindsvater nicht kooperativ zu sein scheint.
Und eigentlich soll auch nichts Großartiges verhandelt werden – nur eine Anpassung des Umgangs von einem halben Tag mehr oder weniger, worauf man sich nicht einigen kann.
Umso ernüchternder kann sich dann so ein erster Verfahrenstermin entwickeln. Man denkt nix Böses und zack – steht man mit dem Rücken zur Wand und muss lieb Kind sein und Ja und Amen zum teuren Familiengutachten sagen.
Weil man ja nix zu verbergen hat und sowieso die liebe Mama ist und der Böse auf der anderen Elternseite damit auch eher entdeckt wird.
Von daher kann es durchaus sein, dass du in dem Moment den Kopf hochreckst und denkst – ok, ich steh das durch, ich weiß, dass ich eine gute Mami bin – er wird schon sehen, was er davon hat!
Die Ernüchterung folgt auf dem Fuße
Aber – o weh – das Familiengutachten ist für keinen Elternteil ein Spaziergang im Rosengarten. Es mutet eher an wie Russisch Roulette, und am Ende sind die Mutter mitsamt den Kindern mit den Nerven durch und mehrere Tausend Euro futsch.
Und es gibt meiner Meinung nach nichts, was du innerhalb der Zeit, in der das Familiengutachten gemacht wird, selbst tun kannst, um das Schlimmste zu verhindern. Du kannst nicht davon ausgehen, dass alles gut wird, wenn du offen und kooperativ mit dem vom Gericht bestellten Gutachter zusammenarbeitest. Genauso wenig, wenn du lügst oder beschönigen würdest.
Wenn du mich und meine Arbeit mit Court Royal kennst, dann weißt du, dass Ehrlichkeit und Authentizität wichtige Stützpfeiler für die innere Ruhe sind und ich dir immer empfehle, dabei zu bleiben.
Die Angst, die Kinder zu verlieren, ist allein schon groß genug.
Die Angst, die Kinder zu verlieren, weil man sich die Wahrheit hingebogen hat und teilweise nicht mehr weiß, was man vor 6 Monaten erzählt hat, ist dagegen um ein Vielfaches größer – und das ist selbst erzeugter, vollkommen unnötiger Stress!
Im Familiengutachten gibt es zusätzlich Dynamiken, die jenseits unserer Kontrolle liegen, und das macht die ganze Angelegenheit so vollkommen intransparent und auch gruselig.
Jetzt weißt du das vielleicht alles schon vorher und bist auch guten Mutes, im Gerichtssaal „Nein, ich werde einer Begutachtung meiner Person nicht zustimmen und mache von meinem Recht der Verweigerung Gebrauch“ zu rufen, wenn der gefürchtete Spruch vom Richter kommt.
Es kann allerdings sein, dass wenige Minuten davor eine Drohkulisse vom Richter aufgebaut wurde, die den Anschein erweckt, dass du nicht ablehnen kannst, ohne gleich alle deine Rechte als Elternteil abzugeben.
Auch kommt es vor, dass der Richter nicht deutlich macht, dass du die Begutachtung deiner Person ablehnen darfst, ohne dass dir daraus Nachteile entstehen dürfen.
So. Und dann?
Es ist ein bissel viel verlangt, dass du dem Richter Paroli bieten und ggfs. offen vor allen anderen korrigierst und auf seine Versäumnisse hinweist, nicht wahr?
Genau.
Das ist nämlich der Job deines Anwalts.
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Eine gute Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg
Sweetheart, das ist jetzt die Situation, auf die du dich eingehend mit deinem Rechtsbeistand vorbereiten musst!
Wenn du einen toxischen Ex-Partner hast, wirst du über kurz oder lang lernen müssen, beherzt deinen Weg zu gehen und Mut zu fassen, auch wenn du dich bislang eher klein und hilflos gefühlt hast.
Dazu gehört, dass du auch deinem Rechtsbeistand klar gegenüber bist, was du von der Zusammenarbeit mit ihm oder ihr erwartest.
Deine Haltung muss sich unbedingt von der Bittstellerin zur souveränen Team-Partnerin verändern!
Deine Rolle im Team ist es, die Fakten zu sammeln und gut verständlich und chronologisch aufzubereiten. Außerdem kennst du narzisstische Strategien und kannst für zusätzliche Hintergrundinfos sorgen, damit der Anwalt* ahnt, wohin es mit einem toxischen Gegner gehen kann.
Und wenn es sein muss – weil es erst seit den letzten Jahren eine Entwicklung im Familiengericht gibt, alles und jeden gleich mit einem Gutachten zu beglücken – versorgst du deinen Rechtsbeistand zusätzlich mit Informationen zu den Möglichkeiten, ein Gutachten abzuwehren.
Das geht natürlich nur, wenn dein Anwalt dich auch als gleichwertige Mandantin auf Augenhöhe betrachtet und sich über so viel Weitsicht und Zuvorkommenheit freut.
Zumindest darfst du ihn offen fragen, welche Maßnahmen er von der Liste unten kennt und welche Erfahrungen er damit gemacht hat.
Deine Checkliste für den Anwalt, um das Familiengutachten im Vorfeld abzulehnen
Ich hoffe, dein Anwalt zuckt jetzt nicht mit den Schultern und meint, dass der Richter das immer macht und man nichts dagegen tun könne?
Dabei sind seine Handlungsoptionen durchaus größer – wenn du ihn allerdings überzeugen musst und er oder sie sich nicht überzeugen lassen will, überlege dir einen Anwaltswechsel.
Ein desaströses Gutachten liegt dir jahre- wenn nicht sogar jahrzehntelang auf der Pelle, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Kindheit der Kinder!
Da darf man schon ruhigen Gewissens ein bisschen pingeliger bei der Auswahl des richtigen Anwalts sein und auch mal wechseln!
So, nachdem wir das geklärt haben – welche Möglichkeiten gibt es?
Vor und in der ersten Verhandlung
- Überlegt Euch zusammen Strategien, um das Streitthema außergerichtlich beilegen zu können. Was nicht heißen soll, dass du jetzt überall klein beigeben und dem toxischen Ex das geben sollst, was er will! Aber wenn du weißt, wie sehr dein Ex über Geld getriggert wird – welche Optionen könntest du mit deinem Rechtsbeistand überlegen und rechtssicher eintüten?
- Damit der erste Termin nicht gleich mit einem Gutachtenbeschluss endet: Er könnte darauf hinwirken, dass die vorhandenen Beweise ausführlichst erörtert werden.
- Er könnte darauf hinwirken, dass Zeugen angehört werden oder Urkunden vorgelegt werden mit dem Ziel, ein Gutachten zu vermeiden.
- Er könnte darauf eingehen, dass in der Vergangenheit bereits mehrere Beratungen und Mediationen gescheitert sind, um zumindest zu vermeiden, dass es zu einem erweiterten Beratungsauftrag im Gutachten kommt.
- Er kann ganz klar in der Verhandlung sagen, dass du eine Begutachtung deiner Person ablehnen wirst.
- Er kann auf die Komplexität der Methodenschule, die die Gutachter verwenden, hinweisen.
- Er kann selbst einen oder mehrere Sachverständige vorschlagen und schriftlich einreichen.
Nach der Beschlussfassung
Zu spät – der Beschluss für ein Gutachten ist da! Und jetzt?
Jetzt trennt sich der Spreu vom Weizen. Nun merkst du, ob du einen engagierten Anwalt an deiner Seite hast oder einen, der die Fälle gerne schnell zum Abschluss bringen möchte.
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Denn er kann eine Menge bereits tun, bevor der Gutachter losrennt:
- Zuerst einmal kann er den Beschluss eingehend prüfen auf Erforderlichkeit, Umfang und Differenzierung nach § 163 Abs. 1, Abs. 2 FamFG.
- Er kann bezüglich der Qualifikation des beauftragten Gutachters nachfragen.
- Er kann eine schriftliche Aufgabenerläuterung für den Gutachter verlangen. Welchen konkreten Auftrag bekommt der Sachverständige? (§ 404a, Abs. 1+2 ZPO)
- Er kann die Aufhebung des Beschlusses beantragen, wenn das Gutachten nicht notwendig ist, durch Erhebung sog. Freibeweise (ZPO).
- Er kann einen Befangenheitsantrag gegen den Richter stellen.
- Er kann eine schriftliche Erläuterung der Methoden, Tests und Verfahren, die der Gutachter nutzen will, im Vorfeld verlangen.
Während des Familiengutachtens
- Er bereitet ein gemeinsames Gespräch zwischen dir, dem Gutachter und ihm vor, in dem das rechtliche Fundament und alle Fakten festgehalten werden.
- Er sammelt während des Gutachtens alle Details (Hilfspersonen, welche Tests, Ort und Zeitdaten)
- Er hält engen Kontakt zu dir.
- Er achtet auf die Fristen und die Auftragseinhaltung des Sachverständigen.
- Er kann dich dabei unterstützen und beraten, wenn du zusätzlichen Tests nicht zustimmen willst, die vorher nicht vereinbart waren.
- Er stellt einen Befangenheitsantrag des Gutachters, wenn dieser seine Kompetenzen überschreitet und deutlich voreingenommen agiert, insbesondere sobald das Gutachten vorliegt (2-Wochen-Handlungsfrist für deinen Anwalt!)
Nach dem Familiengutachten
- Das Gutachten wird eingehend von ihm geprüft. Ist das Ergebnis im Einklang mit dem Auftrag?
- Er kann eigens einen Termin zur mündlichen Erörterung des Gutachtens beantragen.
- Dein Anwalt kann ein Privatgutachten vorlegen (das Gericht muss sich damit auseinandersetzen!)
- Er kann außerdem die Übernahme der Kosten für ein Ergänzungsgutachten vom Sachverständigen verlangen (§ 412 Abs. 1 ZPO)
- Bei starker Befangenheit des Gerichts kann dein Anwalt sogar Verfassungsbeschwerde einreichen und / oder Eilantrag auf Aussetzung des Verfahrens stellen.
Informationsquelle: Auszüge aus der Aufsatzreihe von RAin Marita Korn-Bergmann, Aschaffenburg, erschienen in FamRB Beratungspraxis 1/2014
Zusammenfassung
Meine Liebe, das sind ein paar Ideen und Handlungsoptionen, die du mit deinem Anwalt auf Augenhöhe diskutieren kannst.
Nur eins: Dein Anwalt gibt dir die finale Marschrichtung vor. Wenn du dir unsicher bist, ob dein Anwalt der Richtige ist, musst du wechseln, keine Frage.
Aber wenn du im Grunde weißt, dass er gut und engagiert ist, dann mach, was er dir empfiehlt.
Hat er eine Allmacht, systemimmanente Fehler im Gerichtssaal zu verhindern? Wohl kaum.
Aber Ihr geht schließlich zusammen als Team auf diese Reise, da ist Vertrauen das A und O.
Was du außerdem noch tun kannst
Dein Anwalt arbeitet dann am besten in deinem Interesse, wenn du seine Zeit wertschätzt und darauf achtest, ihn nicht mit Details und Emotionen zu überschütten, die nichts zur Sache beitragen.
Du kannst über mich innerhalb des Court Royal Onlinekurses lernen, wie du dich selbst vorbereitest, um flüssig und gut souverän deine Sache vor Gericht vortragen zu können. Du kannst darin lernen, deine Angst in den Griff zu bekommen und eine möglichst sachliche Perspektive zum Verfahren einzunehmen.
Zusätzlich lernst du, wie du deine Daten und Beweise so strukturierst, dass sich dein Anwalt blitzschnell einen Überblick verschaffen kann. Das spart Zeit, Nerven und auch letztlich Geld.
DAS ist Teamwork, meine Liebe!
Ich drücke dir jedenfalls von Herzen die Daumen, dass Ihr zusammen Erfolg habt!
*Ich schreibe der Einfachheit halber nur über Anwälte, aber schließe unbedingt auch Anwältinnen mit ein!
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So einiges das oben steht deckt meine Erfahrung.
Doch da kein einziges gutes Haar an Gutachten gelassen wird: Was wenn man via Gutachten ringsherum erkennt dass da wer sehr narzisstisch unterwegs ist? Das ist nämlich in unserem Fall rausgekommen. Das Gutachten ist für mich ein guter Stützpfeiler – dank Prognosen weiterhin aktuell, auch wenns sicher eine stressige Zeit war mit der Erstellung.
Ich würde nicht sagen dass ich da einfach Glück hatte. Das Gutachten wurde vernünftig erstellt, gründlich und hat die Eckpunkte herausgearbeitet. Eine von Hass und Opferrolle geprägte Haltung der anderen Seite gegenüber einer mit den Jahren gut entwickelten gesunden Haltung auf meiner Seite, das ist der Schlüssel.
Ich hatte mich mit guter Literatur aufs Gutachten vorbereitet, ähnlich wie im Blog erwähnt – und weiteren Zusätzen nicht zugestimmt.
Sicher wird es da allerhand anderes Personal geben das leider den zu schwammigen Qualitätskriterien nicht entsprechend arbeitet. Solchen Strukturen müsste natürlich mit Gesetzen abgeholfen werden… Vor allem übernehmen diese Nicht-Juristen ja ohne viel Qualifikation praktisch (!) die Aufgaben von Richtern die sich selbst wiederum perfekt absichern wollen und wenig Entscheidungen selbst verantworten können und/oder wollen, das ist auch so ein Unding.
Hallo liebe Heidi,
ich habe mein Gutachten schon hinter mir (auf die Rechnung warte ich noch ?).
Mein Anwalt selbst hat das Gutachten gefordert, da die Richterin die lange und für mein Kind sehr problematische Umgangszeit nicht einkürzen wollte.
Erstaunlicherweise hat das Gutachten ganz klar ausgesagt, daß die Umgangszeit nahezu halbiert werden sollte, jedoch werde ich als Person sehr als die Böse zerfetzt und die Gutachterin läßt sich sogar über meinen Kleiderstil aus ?.
Der gewalttätige Vater wird als „argloser, guter Kerl“ bezeichnet, der seiner listigen Ex und auch dem bösen Kind nicht gewachsen ist und sich nicht zu helfen wußte. Ich höre da ganz klar einen Freibrief darin, daß er in seiner „Not“ auch mal gewalttätig gegenüber dem Kind werden kann und man dafür dann wohl Verständnis haben muß…
Dennoch: ich sehe das Gutachten schon mal als Teilerfolg an, da die Umgangszeit durch Absprache zwischen den Anwälten bereits gemäß Gutachten verringert wurde. Meine Verhandlung findet am 04.12. statt und man darf gespannt sein…
Liebe Grüße Saskia