Das Wechselmodell als narzisstische Strategie

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Kann er mir die Kinder wegnehmen?

Mutmaßlich narzisstische Väter schüchtern ihre (Ex-)Partnerinnen immer wieder gerne mit dieser Drohung ein.

In der Regel lautet die Standard-Antwort: Nein.

Damit könnten wir dieses Thema eigentlich schon wieder abschließen, aber ich merke, dir brennt dieses Thema unter den Daumennägeln. War bei mir damals in den ersten zwei Jahren nach der Trennung übrigens auch nicht anders.

Also wenn du kein Drogen- und Alkproblem und dich immer gut um deine Kids gekümmert hast, werden dir die Kinder auch nicht auf Verlangen deines Ex weggenommen werden!

Auch wenn es der eine oder andere hasserfüllte Aggro-Narzisst versucht und geschafft haben mag. Solche Fälle sind ein großes Unglück für alle Beteiligten, aber immer noch die Ausnahme unter den hunderttausenden von Fällen, die jährlich im Familiengericht verhandelt werden.

Gerade am Anfang ist es wichtig, dass du dir dessen bewusst wirst, was du als Glaubenssatz nach der Trennung übernimmst. Gib ihm nicht alle Macht vorab in deinem Kopf, indem du es für bare Münze nimmst, was er in seiner Wut von sich gibt!

Ich weiß, das lässt sich leicht schreiben, vor allem kennst du deinen Ex ja besser als ich und hast entsprechende Erfahrungen seiner Durchsetzungsfähigkeit gemacht.

Halte das bitte einfach im Hinterkopf: Es ist eher eine  Ausnahme und nicht die Regel, wenn einem krankhaften Narzisst die Kinder anstelle der Mutter zugesprochen werden. In solchen Fällen gab es meistens eine Reihe von Fehlentscheidungen der Mutter aufgrund von schlechter Beratung unvorbereiteter Rechtsbeistände im Vorfeld, die zu einer Vernebelungs-Dynamik im Gerichtssaal führten, durch die im Nachhinein keiner mehr blicken kann.

Der Normalo-Narzisst wählt allerdings eine andere Strategie, und da musst du wirklich aufpassen, denn die ist aktuell äußerst beliebt, auch im Gericht!

Wehre den Anfängen!

Ich war damals sehr bemüht, nach der Trennung kompromissbereit und offen auf die Bedürfnisse Aller zu reagieren. Und fühlte mich mit dieser Haltung sehr liberal und modern.

Nee, ich wollte keinen Streit. Wir waren doch nicht so ein Elternpaar, das sich vor Gericht zerfleischt, und von dem man in den Medien ständig hört – hochkonflikthaft?

Nein, so eine giftige und verbitterte Hexe bin ich nicht!

Geht es dir genauso?

Willkommen im Club – die meisten Frauen, die sich von einem mutmaßlich narzisstischen Partner trennen, sind alles andere als selbstbewusst oder gar auf Krawall gebürstet.

Und lassen liebend gern Fünfe gerade sein. Bloß nicht selbst für Stress sorgen!

Er besteht darauf, im Haus zu bleiben? Gut, dann ziehe ich halt aus.

Er will die Kinder an zwei Nachmittagen unter der Woche bei mir besuchen? Ok, sollte gehen.

Er will das Tafelsilber behalten? Meinetwegen.

Zusätzlich soll noch die Oma einen Kindertag unter der Woche bekommen? Hmm. Passt mir zwar nicht so, aber die Kids lieben die Oma, also was soll’s.

Er kann mir keinen eigenen Unterhalt zum Kindesunterhalt für die ersten 3 Jahre bezahlen? Stimmt, wäre ja wirklich ganz schön viel, das sehe ich ein. Hauptsache, er bezahlt für die Kinder, ich gehe ja noch Teilzeit arbeiten.

Er will sich zu 50% um die Kinderbetreuung kümmern, damit du dich wieder auf deine Karriere kümmern kannst? Hört sich nicht schlecht an, ich habe durch die Trennung eh im Job schon ziemlich nachgelassen….

STOP!

Wenn du so denkst, dann wirst du dir spätestens in 2 oder 3 Jahren an den Kopf fassen. Dann, wenn du gefühlsmäßig Abstand gewonnen hast und dir eingestehen musst, dass du selbst eine Menge Fakten geschaffen hast, die dir – und den Kindern – sehr zum Nachteil gereichen.

Die Devise lautet demnach: Du musst nicht gemein werden – sei einfach nur smart!

Über die väterliche Metamorphose

Ich finde es immer wieder interessant, welche Metamorphose bei narzisstischen Männern stattfindet, sobald sie von der Mutter ihrer Kinder verlassen wurden.

Da wird aus der unscheinbaren, hässlichen und langsam dahinkriechenden Raupe, die es sich in ihrem Kokon so richtig heimelig gemacht hat und nichts anderes als die eigene Denke in den Zentrum ihres Seins gestellt hat, ein wundersame Vatergefühle empfindender Schmetterling.

Ist das nicht fantastisch? Ein Wunder der Natur!

Der gleiche Mensch, der die zwei Elternzeitmonate – wenn er überhaupt welche genommen hat – meistens im Hobbykeller steckte oder unterwegs war, empfindet es jetzt als unannehmbare Härte, wenn man ihm die Kinder „wegnimmt“.

Da ist es unerheblich, ob du das tatsächlich vorhast. Irgendwo müssen die Kinder ja schließlich wohnen, und wenn du ausziehst und dein Soon-to-be-Ex hat sich bislang nicht gekümmert oder keinen Deut Verantwortungsgefühl gezeigt, liegt es durchaus nahe, sie in die neue Wohnung mitzunehmen.

Du arbeitest Teilzeit, er Vollzeit – oder ist selbstständig – wie soll es anders auch gehen?

Ha – was glaubst du, was es auf einmal für Möglichkeiten gibt? Vor allem, wenn du die Entscheidung getroffen hast ihn zu verlassen.

Der werd ich’s zeigen! Mich so vor meinen Bekannten und Verwandten bloßzustellen!

Und – oh Wunder! – auf einmal hat der Herr die Zeit! Jede Woche Mittwoch und Donnerstag und Samstag und Sonntag.

Herr Richter, einmal Wechselmodell bitteschön!

Wie gut, dass er dann keinen Unterhalt bezahlen muss. Die soll nicht glauben, dass sie was von meiner sauer verdienten Kohle bekommt! Aber die Kinder sind doch noch so klein… Ach was! Ich bin auch eine Hauptbezugsperson, sie werden sich bei mir schon wohl fühlen. So ein Ammenmärchen mit der frühen Bindung und so eine Glucke!

Mein Tipp für dich: Lass dich nicht aufs Wechselmodell ein, wenn deine Kinder klein sind. Sind sie groß und wollen das wider Erwarten, ist das zwar nochmal was anderes, aber überlege dir trotzdem eine Alternative.

Je kleiner das Kind, umso wichtiger ist eine stabiles Umgangsmodell ohne häufige Wechsel unter der Woche, damit das Kind in der Lage ist, eine Bindungs- und Beziehungsfähigkeit zu entwickeln. 

Es gibt in Ländern wie z.B. Frankreich, welches seit Jahrzehnten bereits das Wechselmodell als Standard nach der Trennung vorsieht, fürchterliche Erkenntnisse der dortigen Kinder- und Jugendlichenpsychologen. Der französische Kindertherapeut Dr. Maurice Berger hat hierzu bereits vor Jahren die Alarmglocken geläutet und kämpft darum, das Wechselmodell als Standard in Frankreich abzuschaffen.

Sei dazu bitte gewarnt: Ein Wechselmodell mit einem Narzissten kann nicht funktionieren. Es muss wirklich viel abgestimmt werden, Ihr habt immer wieder Kontakt miteinander, Ihr müsst Euch über jedes Kleinklein einigen.

Hast Du demnächst einen wichtigen Termin vor Gericht?

Ich helfe dir bei der mentalen Vorbereitung.

Wechselmodell geht wirklich nur dann, wenn

  1. die Kinder größer sind (über 10, besser mindestens 12 Jahre alt sind) und es ausdrücklich befürworten (sie opfern für das Hin und Her nämlich einen nicht unerheblichen Teil ihrer Freizeit und Nerven), UND
  2. wenn Ihr nah beieinander wohnt UND
  3. wenn Ihr Euch noch gut verständigen könnt.

Wenn du nun zuversichtlich nickst, lege ich dir nahe, meinen Test zu machen, mit dem du feststellen kannst, ob du tatsächlich in einer narzisstischen Beziehung gesteckt hast.

Wenn du dich von einem Narzissten getrennt hast, gilt nämlich eine goldene Regel: Abstand, Abstand und nochmals Abstand.

In der Kommunikation. In der räumlichen Nähe. Im Alltag.

Du warst in deiner Beziehung tagtäglich unter Anspannung. Wenn du selbst nach deinem Auszug jeden Tag per Email oder Telefon mit ihm Angelegenheiten des Alltags der Kinder abstimmen musst, kommst du nie zur Ruhe.

Mit dem Wechselmodell hat er nämlich immer noch Kontrolle über dich und dein Leben.

Daher: Kein Wechselmodell mit einem Narzissten. Never ever. Niente.

Das Residenzmodell (die Kinder leben bei dir und besuchen ihren Vater z.B. alle zwei Wochen fürs Wochenende) reicht für ein angemessenes Ärgerpotenzial schon voll und ganz.

Lass dich auch nicht in den ersten Trennungsmonaten versuchshalber darauf ein. Sonst schaffst du schnell Fakten, die er vor Gericht zu seinen Gunsten vorbringen kann.

Ein Wechselmodell auf Probe ist Schönfärberei. Du kannst es danach nämlich trotz des Titels nicht so schnell wieder abstellen, da sich das Kind mittlerweile daran gewöhnt haben kann, auch wenn der Alltag mehr als schwierig für alle Beteiligten ist.

Nicht gut.

Die Organisation dahinter

Du fragst dich sicherlich, wie er das Wechselmodell so flugs umsetzen will, wo er doch vorher kaum Zeit hatte, pünktlich zum Abendessen da zu sein?

Natürlich mit Hilfe seiner Mutter.

Die sowieso auch noch eine Rechnung mit dir offen hat. Warum verlässt du überhaupt ihren Goldjungen? Sowas von unverantwortlich! Du hast doch Kinder! Also früher hat man ja die Zähne zusammengebissen und ging durch schlechte Zeiten, aber die jungen Frauen heutzutage denken ja nur an sich selbst…!

So kann es dazu kommen, dass die Kinder am besagten Mittwoch und Donnerstag nachmittags nach der Schule gleich zur Oma gehen müssen, am Freitag wieder bei dir sind und am Samstag und Sonntag beim werten Herrn Papa.

Selbstverständlich steht es jedem Elternteil frei, wie er die Kinderbetreuung während des Umgangs regelt. So willst du später vielleicht auch mal am Samstag auf ein nettes Konzert (oder Date), da bist du selbst froh, wenn dir dein Ex nicht in die Wahl deines Babysitters reinquatscht.

Aber es ist gelinde gesagt ein ziemlicher Hammer, wenn ein Wechselmodell erzwungen und vor Gericht durchgesetzt wird, welches als integralen Bestandteil nicht den fürsorglichen Vater sondern dessen – mutmaßlich ebenfalls narzisstische – Mutter vorsieht!

Außer den beiden Egoisten haben alle zu leiden: Die Kinder, weil sie nur am wandern sind und nicht zur Ruhe kommen und du, weil du mit ihnen leidest und einfach nicht die Verbindung zwischen dir und diesen Energievampiren kappen bzw. auf ein einigermaßen tolerierbares Maß herunterschrauben kannst.

Lass dich also nicht auf irgendwelche Vergleiche und Versuche ein. Bleibe fest.

Fazit: Mach es ihm nicht zu einfach

Ja, die Gerichtstermine sind am anstrengendsten und am kräftezehrendsten. 

Also falls er dir ohne Gerichtstermin – und gleich in den ersten Trennungswochen – mit einer fadenscheinigen Wechselmodell-Vereinbarung daherkommt, die du bitte unterschreiben sollst (und nennt es Versuch oder probeweise oder oder oder), dann lass dich bloß nicht von seiner plötzlichen Nettigkeit einlullen!

Du weißt doch, wie charmant Narzissten sein können – wenn sie wollen!

Wenn er etwas von dir verlangt, und du bist unsicher, dann soll er um Gottes Willen halt einen Gerichtstermin anstrengen. Und du suchst dir einen guten Rechtsbeistand, der bzw. die sich mit solchen Typen gut auskennt.

Nein, du bist dann nicht der hochkonflikthafte Elternteil – sondern die beschützende, smarte Mutter, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt und für das gemeinsame Kind die beste Umgangslösung sucht, welches seinem Alter gerecht wird.

Wenn du allerdings bereits vor Gericht stehst und gegen das Wechselmodell argumentieren musst:

Dann hilft dir meine Masterclass zur Wechselmodell-Argumentation am besten. Ganz spezifisch auf dich als Mutter mit einem toxischen Ex-Partner zugeschnitten lernst du in der Masterclass, wie du deine Argumentationskette individuell auf dein Kind erarbeitest – bei mehreren Kindern auf jedes einzelne angepasst. Zusätzlich enthält die Masterclass eine Matrix, die die wichtigsten Eckpunkte pro und contra Wechselmodell erläutert und dir hilft, die richtige Linie zu finden.

 

Und was ist mit dem Nestmodell?

Es gibt übrigens noch ein drittes Modell, das ich lediglich der Vollständigkeit halber hier erwähne: Das Nestmodell. Das ist aber so unüblich und überaus teuer, dass es wohl in den wenigsten Fällen realisierbar ist – und ebenfalls nicht mit einem narzisstischen Ex-Partner funktionieren wird.

Beim Nestmodell wandern nicht die Kinder, sondern die Eltern wochen- oder tageweise. Man braucht 3 Wohnungen: Jeweils eine für die Elternteile und eine zentrale Familienwohnung. Im abgestimmten Wechsel wohnen also entweder der Vater oder die Mutter in der Nestwohnung.

Aber allein die Vorstellung, dass der narzisstische Ex vorher in der Wohnung war, sicherlich ein paar Klamotten im Schrank hängen hat und sein Rasierwasserduft noch im Badezimmer in der Luft hängt, dürfte der einen oder anderen Mutter schon einen Schauer über den Rücken jagen und für einen Würgereflex sorgen.

Ja, das Nestmodell wäre das mit Abstand beste für die Kids, aber nur für betuchte Familien, die sich aus irgendwelchen Gründen getrennt haben – aber niemals aus psychopathischen.

Hast Du demnächst einen wichtigen Termin vor Gericht?

Ich helfe dir bei der mentalen Vorbereitung.