Über die Scham nach der Trennung
Die meisten der Mütter, die mir folgen und mit denen ich mich in meiner Community austausche, kennen das Gefühl der Scham. Scham, die sie in dem Moment überfallen hat, als sie ihren Freunden und der Familie das Scheitern ihrer Ehe mit dem toxischen Ex mitteilen mussten.
Kennst du das auch? Dieses Gefühl, dass sich jetzt bitteschön der Boden unter dir auftun möge, wenn dich die neugierige Nachbarin – die du zugegebenermaßen noch nie leiden konntest – mit einem deiner Meinung nach durchdringenden Blick grüßt?
Oder all die Bekannten und Freunde, die du damals zu Eurer Hochzeit eingeladen hattest. Der Jubel aus früheren Zeiten ist vorbei, und was du selbst vielleicht noch nicht umrissen hast („Wie konnte es nur so weit kommen?“) wird schwer erklärbar anderen gegenüber.
Lass uns doch mal diesem Gefühl auf den Grund gehen.
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Was ist Scham?
Laut Wikipedia ist Scham „eine aversive Emotion, die häufig mit einem Gefühl der Unzulänglichkeit einhergeht. Sie wird empfunden, wenn das Selbstbild einer Person nicht mit dem Bild übereinstimmt, das andere Personen von ihr haben, oder das die Person selbst aufgrund bestimmter Umstände von sich gewinnt. Für Brené Brown ist Scham die Empfindung persönlicher Fehlerhaftigkeit und hat mit der Angst vor Zugehörigkeitsverlust zu tun. Im Extremfall ist Scham „das Gefühl, dass nichts mehr zu retten sei, wenn die anderen einem auf die Schliche kommen.“
Das Schamgefühl ist stark mit unserer Kultur verknüpft. Wir wurden mit bestimmten moralischen und ethischen Grundsätzen groß, und wir bekamen Werte vermittelt, die wir sehr wahrscheinlich zum größten Teil ungefragt übernommen haben (wie z.B. Familie oder Status oder Erfolg).
Das Gefühl selbst hat dann eine Schutzfunktion. Ohne die zu erwartende Scham, die einen überfällt, wenn man gegen die Werte einer Gemeinschaft verstößt, steht zu befürchten, dass man aus der Gruppe ausgeschlossen wird.
Lebe ich seit Jahrzehnten auf dem Land in einem kleinen Dorf, habe dort den aussichtsreichsten Kandidaten für die Bürgermeisterwahl geheiratet und drei Kinder mit ihm bekommen, bin mit ihm auf jedem Dorffest gewesen, sowie die Kinder sind in sämtlichen Vereinen unterwegs, atmet und lebt das Dorf die Werte „Familie“ und „Zusammenhalt“ und liegt die Scheidungsrate dort unter 0,0001% – dann habe ich nach einer von mir durchgezogenen Trennung mit dem buchstäblichen „Spießrutenlauf“ zu rechnen.
Ich gehöre danach nicht mehr dazu. Gut möglich, dass entweder keiner mehr mit mir sprechen wird oder ich sogar den einen oder anderen demütigenden Satz von einer Altvorderen kassiere.
Das Schamgefühl hat daher eine Existenzberechtigung, weil man tatsächlich riskiert, aus der sozialen Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden – zu Urzeiten ein Todesurteil.
Es gibt aber auch ein unberechtigtes Schamgefühl. Das zeichnet sich dadurch aus, dass man meint, die Anderen würden einen als minderwertig und schwach bewerten, was aber nicht stimmt und daher auch keine negativen Folgen auslösen würde. Kinder schämen sich ihrer roten Haare z.B. – dabei sind das doch ganz besondere Alleinstellungsmerkmale! Oder vielleicht schämst du dich, weil du einen bestimmten Sprach-Tick hast – dabei fällt das einem Gegenüber gar nicht mehr auf beziehungsweise schließt dich das nicht aus der Gemeinschaft aus.
Bist du schon Mitglied in meinem Club der mutigen Mütter?
Sei Teil einer exklusiven Gemeinschaft und lerne, die Wellen souverän zu nehmen, die der Ex immer wieder aufwirft.
Wie gehst du damit am besten um?
Bist du die erste, die sich innerhalb deiner Familie und deines Bekanntenkreises aus trennt, dann entfernst du dich erst einmal aus dieser Gemeinschaft allein dadurch, dass du den Status „verheiratet“ bzw. „in einer Partnerschaft“ auflöst und zusätzlich den Werten „Familie“ und „Ehe“ abtrünnig wirst. Je nachdem, wie wichtig diese Werte in deiner Umgebung sind, umso größer dürfte dein Schamgefühl sein.
Viele berichten davon, dass sie sich allein auf weiter Flur sahen, sobald sie den Entschluss verkündet hatten. Bekannte, Freunde und sogar die eigene Familie wendeten sich ab.
Das Schlechteste, was du dann tun könntest, wäre sicherlich, diese überzeugen zu wollen und viele Geschichten aus dem Beziehungsalltag zu erzählen!
Was dir eher helfen wird ist eine neue Gemeinschaft, welche du dir durchaus auch virtuell aufbauen kannst, und dort Hilfe und Unterstützung zu suchen und damit nicht mehr allein zu sein.
In meiner Starken Mütter Gruppe auf Facebook oder in meinem exklusiven Club der mutigen Mütter findest du mittlerweile Tausende von Frauen, die in einer ähnliche Situation waren oder noch immer sind und die sich gegenseitig liebevoll und warmherzig unterstützen.
Diese Möglichkeit hatten unsere Urahninnen noch nicht! Also brauchst du keine Angst mehr davor zu haben, von der einzigen Gemeinschaft verstoßen zu werden – du suchst dir eine neue und findest dort deine zweite emotionale Heimat.
Sind dann erst einmal ein paar Monate ins Land gegangen und du hast erfahren, wie du dich weiterentwickeln konntest, wirst du feststellen, wie die Scham deinem alten Stamm gegenüber immer schwächer wird.
Du brauchst dich dann auch fürwahr nicht mehr zu verstecken! Du hast dir ein eigenes Leben aufgebaut, hast Grenzen gelernt aufzustellen und weißt mehr und mehr Bescheid, so dass dich dein Ex oder Ewiggestrige mit stupiden Glaubenssätzen nicht mehr aus der Fassung bringen können.
Sehr wahrscheinlich hast du außerdem einen besseren Blick auf andere Familien gewonnen. Du siehst, wie viele andere ein verlogenes Familienidyll leben. Weil sie nicht den Mut aufbringen, hier eine klare Kante zu zeigen – so wie du damals.
Dein Weg bringt dir mehr und mehr (Selbst-)Sicherheit. Sicherheit, dass du den richtigen Weg gegangen bist. Dass es für dich die richtige Entscheidung war.
Mit der Sicherheit kommt der klare, ruhige Blick, den du anderen dann schenkst, wenn sie dir gegenüberstehen. Und nicht mehr schamerfüllt und unsicher auf den Boden schaust, weil du nicht weißt, was du sagen sollst, und du dir denkst, sie könnten recht haben mit ihrem „Du bist an allem schuld“!
Und dein ruhiger Blick wird ankommen, garantiert.
Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn du dann von den gleichen Menschen, die sich zuerst von dir distanziert haben, später voller Achtung und Bewunderung angesprochen wirst: „Toll, wie du das hinbekommen hast!“
Das Gegenteil von Scham ist übrigens Stolz und Ausdruck eines gesunden Selbstwertgefühls. Und genau daran arbeite ich mit dir, wenn du es mir erlaubst. ❤️
Wo stehst du heute, Sweetheart? Ist Scham noch ein Thema für dich? Ich freue mich auf deinen Kommentar weiter unten!
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Hallo,
dieses Gefühl von Scham kenne ich gut… dieses Gefühl, dass meine Kinder keine klassische Familie mehr haben… auch dieses Mitleid und solche Sprüche“ du musst ja furchtbar einsam sein“ oder „ du bist selber Schuld, dass du allein bist“ bis dahin „ du hast deinen Kindern von heute auf Morgen die Familie weggenommen „ usw. hab ich alles schon gehört…. Heute kann ich dazu nur sagen, ich war nie einsam, bin auch es auch heute nicht…Schuldgefühle….wegen was denn? Meinen Kindern habe ich nichts genommen… Wir entsprechen zwar nicht mehr dem klassischen Familienbild, wir sind aber trotzdem eine Familie mit einem eigenen Alltag und Plänen. Denn unser Leben ist bunt, nicht schwarz- weiß…. da hat der Vater und seine toxische Verwandtschaft nichts zu suchen.
Dieser Beitrag passt für meine derzeitige Situation wie „die Faust aufs Auge“. Ja, ich empfinde durchaus auch „Scham“, weil ich mich vom Vater meines Kindes trenne bzw. getrennt habe und das durch die räumliche Trennung sehr bald für alle Welt sichtbar sein wird. Bei der Arbeit werde ich es erst mal gar nicht erwähnen. Dort leben alle in festen Beziehungen, zum Teil mit, zum Teil ohne Kinder. Ein paar Singles gibt es auch. Und, ja, ich habe „wieder eine Beziehung in den Sand gesetzt“, es ist die zweite langjährige, die in die Brüche geht. Meine Mutter hat, glaube ich, Verständnis. Mein Vater vermutlich nicht wirklich, vor einigen Wochen wollte er partout, dass ich zurück in mein Elternhaus ziehe (nach 36 Jahren) und als klar war, dass ich das nicht tun würde, war seine Empfehlung, beim Vater des Kindes zu bleiben. Wie unglücklich ich seit Jahren in dieser Situation bin, scheint keine Rolle zu spielen. Gut dass es (virtuelle) Gemeinschaften gibt. 🙂
Ich schäme mich dafür dass ich so lange „durchgehalten“ habe. Dass ich mir so viele Dinge gefallen gelassen habe die völlig unmöglich sind. Und für meine Angst weil ich ihm rhetorisch vollkommen unterlegen bin. Ausserdem schäme ich mich dafür dass ich es zugelassen habe dass er mich von meiner Familie ferngehalten hat.
Mich würde interessieren ob es anderen auch so geht.
Scham hatte ich eher, weil ich so vieles mitgemacht hatte und immer wieder zurückging.
Ich trennte mich, erzählte meinen Eltern, Freunden was alles passiert ist, sie hatten volles Mitleid, wollten mich unterstützen bei der Trennung und dann bin ich wieder zurückgegangen – DA schämte ich mich. Und ich rechtfertigte dann mich mit irgendwelchen Phantasiekonstrukten und nahm ihn dann wieder in den Schutz. Das schlimmste fand ich – vor lauter Scham, weil ich nicht ging, konnte ich mit niemandem mehr sprechen, distanzierte mich – wer will denn immer wieder dieselben „Jammergeschichten“ hören und trotzdem geht nichts? So schlittert man immer mehr in die Eimsamkeit und der Schritt zur Trennung wied immer noch schwerer – weil niemand da ist er hilf. Daher Scham ja – aber als ich mich tatsächlich trennte – war da keine Scham – sondern Stolz es geschafft zu haben!
Liebe Nanana, oh, das verstehe ich gut! Ich schicke dir einen ganz dicken Drücker – es können sich Außenstehende einfach nicht vorstellen, wie schwer es ist, aus diesem emotionalen Sog heraus den Absprung zu schaffen!
Du darfst wirklich sehr, sehr stolz auf dich sein! ❤️?
Liebe Grüße
Heidi
Scham hatte ich eher nicht. Meine Eltern waren auch eher froh, dass es vorbei war. Meinen Freundeskreis musste ich bis auf eins zwei Personen aufgeben, weil er sich dort komplett ein- geschleust hatte und schlimme Dinge, in der Zeit, in der ich schwanger war, über mich erzählt hat. Wir waren nur 4 Monate zusammen. ( ja, zum Glück hab ich es nach 4 Monaten gemerkt). ABER Angst hatte ich die nächste 8 Jahre, dass er seine Drohungen wahr machen würde,mir den Kleinen wegnehmen würde, ich war 23 und verdammt nicht wissend, was meine rechte als Mutter sind und ängstlich die Angst zu zeigen, weil man mir womöglich unterstellen könnte ich sei überfordert und nicht fähig Lösungen mit dem Vater zu finden. Ihr kennt das ja manchmal, Leute von außen, sehen nur das hier und jetzt und nicht das, was man innerlich mit sich schleppt und was nicht einfach mal in einer Mediation wegzuradieren ist. Ich kann mich sehr doll an die Angst erinnern.