Warum du deinem toxischen Ex den Umgang in deiner Wohnung verwehren solltest
Ich habe es auch gemacht. Damals, in der ersten Zeit. Als ich ganz besonders unter Beweis stellen wollte, wie umgänglich ich doch bin und wie viel mir daran liegt, dass mein Sohn Kontakt mit seinem Vater hat. Und ich für eine friedliche Trennung alles tun würde.
Mein Sohn war zu dem Zeitpunkt noch keine anderthalb Jahre alt.
Mein Ex hatte damals kein Auto, und Übernachtungen konnten bei ihm noch nicht stattfinden, da ich den Sohn nachts noch stillte. (Was im Übrigen für ständigen Verdruss und Unverständnis seinerseits sorgte – kein Kind müsse in dem Alter noch gestillt werden! Aber ich schweife ab.)
Ich hatte damals das Kind auch noch oft zu ihm gebracht und auch abgeholt. Die öffentlichen Verbindungen sind nicht so doll zwischen unseren beiden Wohnungen.
Das ging so lange, bis ich feststellte, dass ein bestimmtes, kleines Auto immer ums Eck bei mir parkte, was ich auch schon öfters in der Stichstraße beim Ex gesehen hatte.
Wie sich später herausstellte, kam er mit dem Auto der Next immer zu mir, parkte es für mich unsichtbar ums Eck und konnte somit immer noch den armen Kerl mimen, der sich kein eigenes Auto leisten konnte. Wie sollte er sonst auch den Umgang zu seinem geliebten Kind wahrnehmen?
Wenn ich mich recht erinnere, waren es ganz am Anfang unter der Woche zwei Nachmittage für je ca. 2 Stunden sowie ein ganzer Tag am Wochenende im Wechsel, an dem er den Jungen dann mitnahm.
Ich glaube sogar, der Umgang in meiner Wohnung war mir auch ganz recht gewesen.
Ich litt unter meiner selbst gewählten Einsamkeit und sehnte mich nach dem Gedankenaustausch mit einem anderen Erwachsenen. Irgendwie hatte ich wohl immer noch die Illusion gehabt, dass wir eine reife, erwachsene Elternbeziehung zusammen hinbekommen würden. Pustekuchen.
Die zwei spielten im Kinderzimmer, es war viel Show dabei, es gab Kaffee, manchmal auch Kuchen.
Und ich hatte noch keine Ahnung.
Ich spürte wohl, dass es immer noch nicht das war, was ich wirklich wollte. Ja, ich sehnte mich danach, mit einem anderen Erwachsenen zusammen die Fortschritte des Kleinkindes zu feiern. Ja, ich wünschte mir so sehr, dass mein Sohn weiterhin mit seinem Papa zusammen war und war vor allem auch dankbar, dass er nachwievor Interesse an ihm hatte.
Mein Vater meinte damals kurz nach der Trennung: „Der macht das ein halbes Jahr, dann hat er keinen Bock mehr auf den Jungen.“ Ich wusste gleich, dass das nicht stimmen würde.
Das einzige, woran ich mich festhalten konnte, war die Genugtuung, dass ich und mein Sohn nun unter meinen Bedingungen in meiner eigenen Wohnung lebten und der Ex mir nicht mehr vorschreiben konnte, welches Bild ich aufhängen durfte, welche Farbe an meine Wände kam und welche Möbel mir gefallen sollten.
Wenn er da war, fehlte das eine so sehr, wonach ich mich schon seit Jahren sehnte: Die emotionale Verbindlichkeit, das Da-Sein, das echte Zuhören.
Die Gespräche beim Kaffee drehten sich wie früher um ihn, um seine unfähigen Chefs, seine Erfolge, seine Heimwerkerei.
Wenn ich die Dinge erzählte, die mich damals umtrieben, dann merkte ich schnell, wie er nicht mehr zuhörte und sich ablenken ließ.
Es war wie vor der Trennung. Nicht Fisch, nicht Fleisch.
Unterm Strich war ich nach diesen Begegnungen unzufrieden, enttäuscht, ohne Energie. Nach und nach kamen auch wieder Bemerkungen hoch, die mich verletzten. Was andere über mich gesagt haben sollen. Was ihm am Kind aufgefallen ist, worauf ich bitte schauen soll.
Das eine oder andere, was ich ihm offenherzig anvertraut hatte, wurde mir in einem späteren Gespräch wieder aufs Butterbrot geschmiert.
Ich hatte wie gesagt keine Ahnung und – noch schlimmer – keine Grenzen aufgestellt.
Bis ich dann das mit dem Auto bemerkte und die Nachmittage in meiner Wohnung daraufhin sofort beendete.
Bis er eine Situation schuf, in der ich nach einem Email-Disput unvorbereitet mit der Next in seinem Haus konfrontiert wurde, als ich den Kleinen brachte. Dann stoppte ich auch diesen Service.
Heute weiß ich eins:
Meine Wohnung ist meine Schutzzone. Hier sind die positiven, die guten Vibes. Mein Ex darf deshalb nicht mehr herein.
Die räumliche Abgrenzung hilft mir, auch die inneren Grenzen besser zu wahren.
In den unzähligen Gesprächen mit anderen Müttern, speziell den Müttern mit Kleinkindern, höre ich oft, dass so mancher Umgang aus den verschiedensten Gründen doch noch in der Wohnung der Mütter stattfindet.
Wenn der Ex nicht toxisch veranlagt ist, spricht auch überhaupt nichts dagegen.
Wenn du allerdings in deiner Beziehung mit ihm sehr unter seiner Bösartigkeit gelitten hast, seine Manipulationen im Dreieck nur schwer durchschauen konntest, und du dich ständig von ihm abgewertet gefühlt hast, dann ist das Öffnen deiner Wohnungstür alles andere als hilfreich für deinen Heilungsprozess.
Oh, ich weiß.
Du willst nicht die Böse sein.
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Böse hingegen wäre es, wenn du mit gleichen Kanonen zurückschießen würdest. Wenn du das Kind vor ihm wegsperren würdest. Oder jedes Mal 5 Minuten vorher anrufst, dass der Umgang heute ausfallen muss (weil du ihn nicht sehen willst).
Wenn du hingegen klar und deutlich deine Grenzen ziehst – Umgang ja, aber nicht in meiner Wohnung – dann gibst du ihm auch das kleine Kind mit.
Du darfst dich schützen. Nein, du MUSST dich schützen. Dein Kontrollzwang, den du beim unverantwortlichen Kindsvater verständlicherweise empfindest, sollte unbedingt deinem eigenen Schutzwillen weichen.
Sein Problem, wie er die zwei oder drei Stunden mit dem kleinen Kind verbringt. Nicht deins!
„Aber das Kind möchte so gern mit dem Papa in dem großen Kinderzimmer spielen!“
„Aber draußen regnet’s!“
„Ich will meinen guten Willen zeigen!“
„Hier habe ich alles unter Kontrolle.“
„Er zahlt die (halbe) Miete, er hat noch alle Schlüssel – ich kann es ihm nicht verweigern.“ (Dieses Thema allein verdient einen separaten Blogartikel!)
Ja, es gibt sehr viele Gründe, die dir deine Ratio adhoc nennen kann! Und dein Gefühl im Bauch auf stumm schalten möchte.
Ich kann es einfach nicht genug betonen: Gesundes Grenzensetzen hat nichts mit Häme, Hass und „Dir zahl ich’s heim!“ zu tun. Eher mit Selbstachtung.
Disclaimer: Der EINE Grund – und die andere Perspektive dazu
Es gibt allerdings auch Situationen, in denen du wohlweislich über deinen Schatten springen möchtest und diese Entscheidung dann auch ganz bewusst und integer triffst: Wenn dein Kind zum Beispiel immobil ist (wegen eines Gipsbeins z.B.), aber sich über den Besuch vom Papa freuen würde und auch ein wenig abgelenkt wäre.
Dann lade ich dich zu einem Perspektivenwechsel ein:
Du bist die Königin deiner vier Wände. Als Königin darfst zu großzügige Geschenke verteilen, und selbstverständlich deinem Kind einen Herzenswunsch erfüllen. Somit gewährst du Zutritt auf bestimmte Zeit zu deinem Reich voller Lebenslust und Fülle.
Du kannst souverän jederzeit diesen Zutritt wieder verwehren – denn du bist die Königin.
Du schnappst dir dann ein gutes Buch, setzt dich aufs Sofa und bist geistig abwesend. Oder du liest hier auf dem Blog mein Bullshit-Bingo und kannst wenigstens hin und wieder lachen.
In diesem Sinne, meine Liebe!
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