Wenn dein Kind seinen toxischen Papa für einen Superhelden hält

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Ich wette, das kennt jede Mama von einem Grundschulkind bis hin zur Vorpubertät, sofern das Kind eine gute Beziehung zu seinem Vater hat: es kommt nach dem Umgang nach Hause und schwärmt davon, was der Papa wieder alles Tolles gemacht hat.

Er kann quasi Wasser in Wein verwandeln. Ein Superheld! Gottgleich.

Das Kind ist jedenfalls begeistert und lässt seiner Bewunderung dann bei dir daheim freien Lauf.

Und du stehst daneben und musst das aushalten.

Eine Schwärmerei für einen Mann, der dich aufs Schlimmste emotional terrorisiert hat und es immer noch tut.

Von dem du weißt, dass er alles andere als „nett“ ist. Erst recht kein Superheld – sondern ein psychisch gestörter Mensch, der alle um sich herum manipulieren muss, damit er gut ausschaut. Der seinen Hass auf sich selbst auf andere – vor allem auf dich – projizieren muss, damit sich sein innerer Zwiespalt irgendwie befreien kann.

Der Mann, der schon die Verfahrensbeiständin und die Sachbearbeiterin im Jugendamt um den kleinen Finger wickeln konnte.

Der Mann, der vielleicht sogar unregelmäßig Unterhalt bezahlt für sein Kind – wenn überhaupt, da er rechtzeitig und äußerst erfolgreich das Wechselmodell vor Gericht erstritten hat, als Euer Kleinkind noch von dir gestillt wurde – wird von dem gleichen Kind später so in den Himmel gehoben, dass es schon mehr als eine fette Kröte ist, die du schlucken musst.

Zum Kind zu sagen: „Du, hör mal, soll ich dir mal erzählen, was dein Papa eigentlich ist und was er sonst so macht in unserem Leben?“ verbietet sich von selbst, da wir nur in die leuchtenden, begeisterten Augen des Kindes schauen müssen, dass wir es einfach nicht übers Herz bringen, dem Kind diese Illusion zu nehmen.

Ein bissel ist es schon so wie mit dem Christkind und dem Osterhasen. Das Kind ist so süß in seinem Glauben an diese Geschichten, dass wir es nicht übers Herz bringen, ihm die Wahrheit zu sagen. Wie brutal! Und dieses leichte Bedauern, wenn sie dann in die Schule kommen, und der Junge aus der zweiten Klasse dein Kind auslacht, weil es noch an den Osterhasen glaubt.

Ja, dein Kind verliert seine unschuldige Naivität mit der Zeit von allein. Es ist ein Zeichen von Reife, Dinge mehr und mehr hinterfragen zu lernen und nicht mehr alles zu glauben, was die Erwachsenen einem verklickern wollen.

Zuerst ist es das Christkind, dann der Osterhase, und irgendwann in der Pubertät dann auch der toxische Superhelden-Daddy.

Aber vorher bist du selbst zuerst dran und wirst – beständigen Manipulationen des Kindsvaters sei Dank – entzaubert: Böse Mama! Was tust du dem armen Papa auch nur an?

Das passiert in der Regel so im 10./11. Lebensjahr.

Dann kriegst du nicht nur von deinem Ex Druck, sondern musst dir auch Vorhaltungen deines Kindes ob deiner offensichtlichen Fehler anhören, wohlgemerkt von dem Kind, weswegen du ja den ganzen Scheiß überhaupt aushältst!

Jedenfalls scheint anfangs der Elternteil die besseren Karten zu haben, der beständig auf das Kind einredet und bewertet und die Folgen ignoriert, die er damit beim Kind anrichtet.

Da in unserem Fall der toxische Kindsvater mangels Empathie unverantwortlicher mit dem emotionalen Wohlbefinden des Kindes umgeht, sehen wir uns unvermittelt mit der abstrusen Situation konfrontiert, dass wir das Kind mit seiner Begeisterung wahrnehmen und sogar bestärken sollen – zumindest erwartet das das Helfersystem von uns.

Bloß kein schlechtes Wort über den Kindsvater!

Lass es das Kind bloß nicht wissen, was er im Hintergrund wieder für einen Gerichtszinnober veranstaltet!

Sag ihm bloß nicht, dass du wegen des lieben Herrn Papa mehrere Tausend Euro Schulden abzutragen hast und es deshalb kein neues Fahrrad sondern nur eins vom Flohmarkt geben kann!

Sei bloß nett zur Next oder zu den Ex-Schwiegereltern, damit das Kind auch zu diesen Menschen eine gute Beziehung aufbauen kann.

Sonst bist du nämlich bindungsintolerant! Buuuuh! Pfui! Schlechte Mama!

Wir haben daher keine Wahl.

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Zähne zusammen und durch

Kennst du noch aus der Baby- und Kleinkindzeit den Spruch „Das ist nur eine Phase, das geht vorbei?“ Das ist jetzt auch der Fall, nur was damals erfreulicherweise lediglich ein paar Wochen (Blähungen), später Monate (Milchzähne) gedauert hat, kann sich jetzt leider auch mal über ein paar Jährchen hinziehen.

Ein paar Jahre stehst du beim Kind in der Kritik und Ablehnung, und danach aber der Ex.

Das Gehirn der Kinder strukturiert sich um. Es begreift mehr und mehr die Zusammenhänge. Es verliert seine Unschuld und seine Naivität und wird – erwachsen.

Der toxische Kindsvater muss vom Kind selbst entlarvt werden.

Das ist seine Reifeaufgabe im Leben. Es wird das lernen müssen, ansonsten wird es immer wieder mit der Wahl seiner Partner diese Lektion wiederholen.

So wie wir es jüngst gelernt haben.

Ich glaube ja, dass es unsere Kinder mit uns als Müttern, die das Bewusstsein schon erreicht haben, leichter haben werden, diese Lebensaufgabe schneller und nachhaltiger zu begreifen.

Allerdings müssen wir mit diesen Gesprächen abwarten, bis die Kinder dazu bereit sind. Bis sie zuhören können und wollen. Sie ein offenes Ohr und Herz haben.

Genau wie du jetzt bereit bist, mir zuzuhören. Als du damals frisch in deinen Ex verliebt warst, hättest du mir doch auch nicht zugehört, oder?

Eben.

Ich denke mal, diese Gespräche mit unseren Kindern werden so in der Zeit um den 16. oder 18. Geburtstag herum stattfinden.

Und ich wage mich jetzt mal aus dem Fenster und behaupte, dass der Superhelden-Ex danach das größere Problem hat, was die Achtung und den fortwährenden Kontakt seines Kindes angeht, sollte es erstmal begreifen, was für Schuftigkeiten er mit dir angestellt hat.

Bis dahin sollten wir uns dem Kind zuliebe zurückhalten. Wir können es nicht vor dem Schmerz bewahren, den dieses reife Bewusstsein mit sich bringt:

  • Diese Trauer, dass es das Christkind oder den Weihnachtsmann nicht gibt.
  • Dieser Schock, wie der Vater wirklich ist. Und was er ihrer Mutter angetan hat.
  • Diese Scham, wenn es realisiert, wie es selbst dich dann auch abgelehnt und unwissentlich das Spiel des Vaters mitgespielt hat.

All das gehört zum Heranwachsen und Großwerden dazu.

 

Aber was machen wir heute, bis es so weit ist?

Wir dagegen schlucken die Kröte, lächeln unser Kind liebevoll an und freuen uns über die Begeisterung – besser als Tränen und Trauer und Verzweiflung ist Begeisterung bei Kindern allemal – und sagen so etwas wie „Das freut mich für dich, mein Schatz!“ oder auch „Ja, das ist wirklich toll!“ und „Wie schön für dich!“

Eine ergiebige Diskussion darüber brauchen wir uns nicht anzutun. Wahrnehmen und anerkennen und gut is.

Das musst du auch nicht heucheln. Schau dir dein Kind an, wie es vor dir steht – aus Kindersicht ist es doch wirklich toll, so einen Spitzen-Superhelden-Papa zu haben, der scheinbar alles kann und über Superkräfte verfügt, oder?

 

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Sollen wir aber unser Kind wissentlich anlügen?

Nein. Ist es reif für die Frage, dann ist es auch reif für eine ehrliche Antwort, das war immer meine Devise. Mit Betonung auf Frage, nicht, wenn es uns eine Superhelden-Story erzählt.

Hier geht es um feine Grautöne, nicht um Schwarz oder Weiß.

Ich hatte früher immer Schiss, ob mich mein Sohn fragt, ob es das Christkind wirklich gibt. Ich fand ihn so süß in seiner Weihnachtsverzauberung! Aber er hat mich nie direkt gefragt. Puuuh.

Er wurde dann auf dem Schulhof aufgeklärt. Als ich dann mal wieder erzählte, dass ich vor der Bescherung auf den Dachboden müsse, weil das Christkind die Geschenke immer dort ablegen würde, meinte er nur, dass es das Christkind gar nicht gäbe, und überhaupt: wie solle es durch das Dach kommen, da es oben ja gar keine Fenster gäbe? Mit all den Geschenken?

Dann haben wir beide darüber gelacht.

Meine Bitte an dich: Halte es mit deiner ehrlichen Antwort dem Alter deines Kindes angemessen.

Es muss mit 10 noch nicht die volle Breitseite an Realitäten abbekommen.

Ehrlich und doch angemessen antworten zu können ist das Beste, was du für deine eigene Integrität und für dein Kind tun kannst.

Du hast immer mehrere Antwort-Optionen, auch ohne lügen zu müssen – überlass das Lügen besser dem Kindsvater, der ist dir da eh über.

Versuche eher, mit deiner Antwort möglichst keine Rückfragen aufkommen zu lassen, sofern dein Kind noch jung ist.

Deine gedankliche Leitfrage bei deiner Reaktion könnte z.B. sein:

  • Wie kann ich eine authentische Antwort geben, ohne mit dem Finger auf den Ex zu zeigen?
  • Wie kann ich am besten unterstreichen, dass es einen Unterschied gibt zwischen meiner Beziehung zum Ex und der Beziehung zwischen dem Ex und dem Kind, und dass es schon in Ordnung ist, dass das Kind seinen Papa liebt – auch wenn der ein Narzisst ist?

Es versteht sich übrigens von selbst, dass du dem Kind keine Lehrstunde über Narzissmus erteilst, klar, oder?

 

Reflektion für Fortgeschrittene

Als nächstes kannst du dem heftigen Stich, den die Begeisterung des Kindes über harmlose Superhelden-Aktionen deines Ex in dir auslöst, nochmal tiefer nachspüren.

Was genau trifft dich daran noch, außer der fehlenden Balance zwischen der realen Wahrheit und der Wahrnehmung des Kindes?

Wenn du dein Journal dazu hernimmst und darüber reflektierst, dürfte die eine oder andere Perle hochkommen, die dich einem stärkeren Selbstwertgefühl noch näher bringt.

Garantiert.

 

Meine Liebe, wie gehst du mit den Heldengeschichten deines Kindes um? Lass es uns in den Kommentaren wissen – du bist definitiv nicht allein!

 

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