Wenn der toxische Ex dem Grundschulkind ein Smartphone schenkt
Stell dir vor, dein 8jähriges Mädel kommt vom Umgangswochenende heim und hat ein niegelnagelneues Smartphone mitgebracht. „Das hat mir der Papa geschenkt!“ berichtet sie freudestrahlend. „Jetzt können wir immer telefonieren.“
Stehst du noch ganz am Anfang nach der Trennung, tut sich dir in diesem Moment eher der Boden unter dir auf.
Bist du schon ewig und drei Tage getrennt und hast dir sogar schon meine Denke antrainiert, kommt vielleicht dieser Gedanke hoch: „Na toll. Danke für die A-Karte, Mister!“
Denn dass du jetzt die A-Karte hast, ist wohl klar.
„Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt“ meinte schon Goethe dazu.
Jetzt heißt es Grenzen äußern und darauf bestehen, und zwar sofort
Halt unter der Voraussetzung, dass du deinem Kind ein eigenes Smartphone erst mit dem Übertritt in die weiterführende Schule versprochen hast.
Vielleicht hast du das sogar vorher mit dem Ex abgesprochen – also er wusste, dass du die Handyfrage so handhaben wolltest.
Du blickst in das strahlende Gesicht deines Kindes und es bricht dir das Herz. Wie gern würdest du deinem Kind das Gadget gönnen!
Mit einem Smartphone tun sich im Übrigen wesentlich mehr Fragen auf als lediglich seine Möglichkeit, damit jederzeit das Kind ansprechen und beeinflussen zu können.
Es kommen Fragen nach entsprechendem Schutz vor dem Internet und einer zu früh beginnenden medialen Ablenkung für das noch unreife Hirn eines Kindes.
In einer idealen Welt würden wir das Smartphone für Kinder weit, weit nach hinten schieben – aber spätestens ab der 5. Klasse geht es nicht mehr ohne.
Wir würden unser Kind zum Außenseiter abstempeln, wenn wir darauf bestehen würden, das nicht zuzulassen.
Aber mit acht Jahren? WTF?
Selbst wenn dein Ex kein Smartphone, sondern ein normales, langweiliges Handy (so eins nur zum Telefonieren und Texten, kennst du das noch?) beschafft hätte ohne deine vorherige Zustimmung, wäre es vonnöten, dass du schaust, welche Grenzen gerade verletzt werden – jenseits von deiner Angst der toxischen Einflussnahme.
Die hat er eh, wenn er Umgang hat – sei es auch nur einen Tag in der Woche.
Aber mit einer mehr oder weniger privaten Telefon-Hotline – die eher er bemüht als das Kind – hat es keine Chance mehr, sich in deiner Umgangszeit unbefangen auf die Beziehung und den Alltag mit dir zu konzentrieren.
Es wird ständig an die Bedürftigkeit des Ex erinnert, sofern er derjenige ist, der immer wieder anruft.
Und sprechen wir von einem unsicheren, bindungsintoleranten und kontrollsüchtigen Kindsvater, dann ist das zu erwarten. Das kommt rüber, denn das Kind spürt die Energie mehr als die Worte.
Einladung zum Mutmach-Freitag
Abonniere jetzt meinen kostenlosen wöchentlichen Newsletter
Zum Newsletter >>>
Prinzipiell sollte dein Kind immer die Möglichkeit haben, von sich aus den Papa anrufen zu können
Das kann es auch über dein Smartphone oder das gute alte Festnetz und braucht dafür kein eigenes Handy.
Du kannst, wenn dein Kind das Bedürfnis hat, sich bei seinem Papa über euren letzten Streit auszulassen, auch rücksichtsvoll den Raum verlassen.
Das Kind hat ja ein Recht auf eigene Beziehungspflege – sei es bei der besten Freundin, bei deiner Schwester oder halt bei seinem Vater.
DAS ist bindungstolerant, meine Liebe!
Genauso wenig wirst du auf den Gedanken kommen, in seiner Umgangszeit das Kind von dir aus anzurufen, nur weil du mal nachhören willst, ob alles ok ist.
No way, Sweetheart!
Hier ist Loslassen angesagt.
Aber was machst du denn jetzt, wenn der toxische Ex das fette Smartphone-Geschenk gemacht hat und dich damit vor vollendete Tatsachen stellt?
Meine Idee dazu wäre, dass du deinem Kind zu verstehen gibst, dass du dich darüber freust, dass es so ein wertvolles Geschenk bekommen hast, es aber nichts daran ändert, was du bereits zum Thema Smartphone mit ihr besprochen hast.
Dein Zuhause – deine Regeln. Papas Zuhause – seine Regeln.
„Daher kommt das Handy hier bei uns ausgeschaltet in diese schöne Box, und beim nächsten Papa-Wochenende nimmst du es wieder mit. Du kannst dir beim nächsten Mal auch gleich überlegen, ob du es nicht lieber beim Papa lassen möchtest. Und wenn du mit dem Papa sprechen möchtest – egal wann – ich hab seine Nummer hier auf diese Kurzwahltaste gelegt.“
Wahrscheinlich wird es Murren und vielleicht sogar tränenreichen, wütenden Krach („Ich hasse dich! Du bist eine blöde Mama!“) mit deinem Kind geben – aber da müsst Ihr beide durch, dein Kind durch das Gefühl der Enttäuschung und auch Hilflosigkeit und du durch das atemlos machende Gefühl des Grenzensetzens und des Sich-Unbeliebt-Machens.
Grenzen setzen können ist eine Fähigkeit, die du dir unbedingt aneignen musst, sobald du von deinem toxischen Ex getrennt bist
Es geht nicht ohne – du kommst nicht drumrum, so sehr du auch herumeierst.
Solange du keine Grenzen setzt, wird er konstant in deinem emotionalen Vorgarten herumwühlen können.
Ein krankhafter Narzisst wird auch mit Grenzen immer wieder mal diese übertreten. Leider ist es daher nicht mit Einmal-Sagen getan, du wirst das über die kommenden Monate weiterhin trainieren dürfen – Gelegenheiten wird es viele geben.
Aber du wirst feststellen, dass auch er müde werden wird, solange du fest auf deine Grenzen bestehst und nicht immer wieder einknickst.
Bist du schon Mitglied in meinem Club der mutigen Mütter?
Sei Teil einer exklusiven Gemeinschaft und lerne, die Wellen souverän zu nehmen, die der Ex immer wieder aufwirft.
Jetzt auf die Warteliste eintragen >>>
Aber ach – Grenzen setzen ist schon schwierig für liebevolle, empathische Menschen
Und für harmoniebedürftige.
Und ganz besonders für empathische, liebevolle, harmoniebedürftige Mamas, die dazu noch ständig im Familiengericht damit beschäftigt sind, für eine bessere Kindheit der gemeinsamen Kinder zu sorgen – also auch dort immer wieder Grenzen aufstellen müssen.
Und dann auch noch beim eigenen Kind!
Sich unbeliebt zu machen beim eigenen Kind ist schon eine Gefahr für jedes Mutterherz.
Aber du weißt auch, dass du deinem Kind keinen Gefallen dabei tust, wenn du alles durchgehen lässt. Als es noch ein Kleinkind war, hast du es auch nicht ohne Socken und Schuhe im Winter in den Kindergarten gebracht, obwohl es sich partout geweigert hat, welche anzuziehen.
Dein Kind findet durch deine Grenzen seine Orientierung.
Vor allem, wenn beide Elternteile über Kreuz liegen, ist es wichtig, dass wenigstens du ruhig, souverän und fest in deinen Grenzen bleibst.
Die Klarheit deiner Grenzen kommt mit der Erkenntnis deines wahren Selbst
Es gibt verdammt viele Menschen da draußen, die dir erklären, was nach der Trennung geht und was nicht. Was du als Mama jetzt „darfst“ und „tun solltest“ und was nicht.
Dabei sind deine Grenzen hochindividuell und basieren auf deinen Werten, die du verinnerlicht hast.
Die Arbeit liegt darin, dir selbst zu erlauben, die eigenen Werte leben zu dürfen. Das bedeutet auch das Auseinanderpfriemeln und Aufdecken der tiefliegenden Glaubenssätze über dich selbst.
Genau aus diesem Grund ist die Handyfrage zwar nur ein klitzekleiner, aber für dich bedeutender Meilenstein-Aspekt in der Elternschaft mit einem toxisch-narzisstischen Kindsvater.
Welche Erfahrungen hast du mit der Smartphone-Frage gemacht? Ich freu mich über deinen Kommentar hier unter dem Artikel, damit auch andere Mamas von deinen Ideen profitieren können. Merci beaucoup!
Einladung zum Mutmach-Freitag
Abonniere jetzt meinen kostenlosen wöchentlichen Newsletter
Zum Newsletter >>>
Tatsächlich bin ich es, die ihrem Kind (9, alleiniges Sorgerecht) ein kleines simples Handy ohne Internetfunktion besorgt hat – rein für uns hier, damit er von unterwegs anrufen oder sms schicken kann. Und ich ihn, falls ich weg bin, wenn er kommt. Also rein zur kurzen Information. Das finde ich noch vertretbar, wenn ich auch sehe, dass der Kleine gern herumtippt auf dem ziemlich reizlosen Handy.
Vati hat die Nummer bekommen aber er schickt dem Kind dennoch ständig Nachrichten via Messenger wie vorher – der Messenger läuft über mein Smartphone.
Bin dazu übergegangen, die Chatnachrichten nicht zu checken und den Kleinen auch nicht aufzufordern, nachzuschauen, was Vati wieder geschrieben hat – denn genau dies mokiert Vati und schreibt mir dann in Mails (die ich ignoriere), ich solle Kind die Chatnachrichten zeigen. Obwohl Vati auch einfach anrufen könnte. Da bin ich raus. Kindeswohlgefährdung und auch Bindungsintoleranz meinerseits sähe anders aus.
Liebe Heidi,
oh, wie gut kenne ich diese Problem!
Nachdem das Telefonieren und Nachrichtenschreiben seitens meines Ex Überhand genommen hatte, bemerkte ich bei meinem Sohn, dass er sich häufig gestresst und unter Druck gesetzt fühlte. Manchmal wollte er einfach eben nur in Ruhe seine Kindersendungen schauen. Und mein Ex hat sofort Druck gemacht, wenn er nicht gleich geantwortet hat.
Ich habe mir dann zunächste Hilfe bei einer Kinderpsychologin geholt, was gar nicht so einfach war, denn dafür hätte ich seine Zustimmung gebraucht. Wir habe dann aber ein Schlupfloch gefunden. Die Dame hat mein Problem nicht verstanden und mich immer wieder darauf verwiesen, mich doch auch in die Lage des getrennt lebenden Vaters zu versetzen.
Ich habe dann das ganze versucht, einzudämmen, indem ich immer häufiger, wenn wir unterwegs waren, meinen Sohn soweit abgelenkt habe, dass er das Handy einfach vergessen hat, mitzunehmen.
Mein Ex ist daraufhin zum Jugendamt gegangen und hat denen sein Leid geklagt. Ich wurde dann dorthin zitiert und musste mir einen Vortag der JA – Mitarbeiterin anhören, dass es meine Aufgabe sei, den Kontakt aufrecht zu erhalten und möglich zu machen. Meinen Vorschlag, in unserer Wohnung eine Live – Cam zu installieren, fand sie unpassend.
Ich habe dann kapituliert. Schlimmer: ich habe meinen Sohn ein bisschen animiert, von sich aus seinen Vater ständi anzurufen und ihm in allen Einzelheiten zu erzählen, was Bob der Baumeister in der heutigen Folge alles so gebaut hat. Und es hat tatsächlich nachgelassen. Es hat ihn nämlich gar nicht wirklich interessiert, was der Junge macht. Es ging ihm nur um Psychoterror und Machtausübung.
Mittlerweile ist mein Sohn 17 und ignoriert die meisten Anrufe oder Nachrichten seines Vater, weil er einfach mit Freunden unterwegs ist. Dann ruft er mich an und fragt, wo der Junge ist. Ich sage dann immer: Stadtbibliothek; mit Klassenkameraden lernen.
Traurig, aber wahr.
LG
Yvonne