Na, wie verstehst du dich eigentlich so mit deinen Ex-Schwiegereltern?

a) Du bist froh, dass du sie nicht mehr an den Backen hast.

b) Deine Ex-Schwiegermama ist deine beste Freundin.

c) Es gibt keine Ex-Schwiegereltern mehr oder du hattest nie sonderlich viel Kontakt.

Falls du mit c) antwortest, tut mir das sehr leid. Nicht nur für dich, sondern vor allem auch für dein Kind – du wirst verstehen, was ich meine, wenn du diesen Artikel bis zum Ende gelesen hast.

Falls du mit b) antwortest: Na, das ist ja mal schräg! Ich habe ja nicht so viel Ahnung, wie das genau geht, aber: Chapeau! Ich kann mir vorstellen, dass eine solche Konstellation auch nicht so ohne ist – vor allem für deine/n Ex – aber wenn du kritische Situationen mit der gebotenen Rücksichtnahme bewältigen kannst, ist das schon eine tolle Sache. Wenn am Ende eine wirkliche, echte, gute, beidseitig bereichernde Freundschaft steht, dann hat sich ja Eure Beziehung schon zweifach gelohnt (zweifach aus dem Grund, weil in erster Linie Eure Kinder der Grund sind, die Beziehung auch im nachhinein als richtig und lohnenswert zu bewerten – stimmt’s?).

Die Mehrheit meiner Leserinnen und Leser dürfte wahrscheinlich mit a) geantwortet haben. Puuh – war das früher anstrengend! Was hast du dich – dem Ex-Partner zuliebe wohl oder übel – verbiegen müssen! Und ein Teil von dir war sicherlich auch erleichtert, als dir klar wurde, dass du nun nach der Trennung dieses Problem nicht mehr haben würdest.

Irrtum.

Das Problem ist nicht weg. Es transformiert sich. Und wird anders.

Wie immer gibt es mehrere Optionen, wie du damit umgehen kannst – ich nenne mal die zwei wichtigsten:

  1. Leugnen: Es gibt kein Problem, die/der kann mich mal!
  2. Das Beste draus machen.

Ich empfehle – was Wunder! – Option 2

Was meine ich konkret?

Bevor ich jetzt weiter aushole, lass mich dir vorab noch eine andere Frage stellen:

Ist dein Kind noch klein oder schon erwachsen bzw. gar schon ausgezogen? Falls letzteres, brauchst du dir in der Tat keinen Kopf mehr zu machen. Dein Kind kann also selbst entscheiden, wen aus der Verwandtschaft es zukünftig trotz der Trennung der Eltern sehen will. Und du übrigens auch…

Ist das Kind noch klein, ist es sowas von abhängig von dir. Du weißt das, klar.

Du bist der „Gatekeeper“, der Torwächter zu allen Personen im Leben deines Kindes, vor allem, wenn das Kind bei dir lebt und nicht bei deiner/deinem Ex.

Du bist BeschützerIn und BewahrerIn, du begleitest, hegst, pflegst, nährst das Kind. Nichts Schlimmes soll ihm widerfahren. Und komische alte Leute mit altertümlichen Ansichten – davor sollte es erst recht bewahrt werden. Schließlich haben sie ja auch bei der Erziehung des Ex-Partners so einiges verbockt! Das soll bloß nicht auch noch mit dem eigenen Kind passieren!

Ja, das kann ich sehr gut verstehen.

Trotzdem.

Wenn ich dein Kind fragen würde, ob es die Oma oder den Opa lieb hat und sie gerne besucht, was würde es antworten?

Und genau das ist der Hebel, deine Grundmotivation, mit dieser für dich eher schwierigen Situation umgehen zu lernen.

Keine Bange, das schaffst du!

Du willst das Beste für dein Kind, keine Frage. Und das Beste für kleine Kinder sind Omas und Opas, die ihm wohlgesonnen sind, die es restlos verwöhnen dürfen, und wo diese typischen Eltern-Kind-Konflikte nicht existent sind.

Kinder brauchen ihre Großeltern – sie bieten ihnen wichtige Lernerfahrungen und eine besondere Form der Liebe an.

Unschätzbar wertvoll in Zeiten, wenn Familien zerbrechen.

„Aber mein Kind hat doch Großeltern – und zwar meine Eltern! Die stehen auf meiner Seite, denen vertraue ich, dass sie meinem Kind keine kruden Stories erzählen…“ magst du vielleicht denken.

Das ist Torwächter-Denken. Geh noch mal hoch zu meiner Frage, die ich deinem Kind stellen würde.

Wen liebt dein Kind?

Perfekte Menschen gibt es nicht. Ich bin nicht perfekt, du bist nicht perfekt, dein Ex-Partner erst recht nicht. Nicht jede Oma ist lieb und nicht jeder Opa klasse. Dein Kind braucht aber die Erfahrungen, die ihm mehrere Menschen, die es bedingungslos lieben, in ihrer Fehlbarkeit bieten können.

Es wird damit umgehen lernen.

Und es wird dir schon sagen, wenn es den Opa oder die Oma nicht mehr treffen will. Dann wirst du es natürlich auch nicht dazu zwingen – genauso wenig, wie es zu den eigenen Eltern zu schleppen, wenn es gar nicht will.

 

Was kannst du also tun?

In erster Linie Begegnungen möglich machen. Selbstverständlich kann dein Ex-Partner dafür sorgen, die anderen Großeltern an seinen/ihren Wochenenden zu treffen. Das kann trotzdem nicht reichen, wenn mal besondere Feste oder Aktivitäten wie Theater- oder Konzertbesuch anstehen, die unter der Woche stattfinden, wenn das Kind bei dir ist.

Oder du brauchst einen Babysitter, und deine Ex-Schwiegermama wohnt näher als deine eigene Mutter. Aber das – gebe ich zu – ist schon sehr speziell. Nicht jeder möchte die Ex-Schwiegermutter in der eigenen Wohnung hocken haben, um auf das Kind aufzupassen, vor allem, wenn Euer Verhältnis früher schon belastet war.

Womöglich noch, wenn du an dem Abend ein Date mit einem potenziellen Nachfolger ihres Sohnes planst.

Dann schon eher, dass das Kind gleich bei der Oma übernachten darf.

„Muss ich mich jetzt doch wieder verbiegen?“

Nein. Du kannst jetzt für dich ganz neue Grenzen setzen. Keiner zwingt dich zu Kaffee und Kuchen am Sonntagnachmittag! Du kannst Begegnungen mit den Ex-Schwiegereltern einfach halten und auf das Nötigste beschränken und dadurch lernen, mit ihnen auf einer neuen Ebene umzugehen.

Als reine Opas und Omas deines Kindes eben.

Ich habe unten mal ein paar Ideen für dich gesammelt, die einen solchen Umgang einfacher und stressfreier machen – mir haben sie sehr geholfen, mit dieser Situation besser umzugehen.

  1. Sprich niemals schlecht über die Menschen, die dein Kind liebt, in dessen Gegenwart. Es wird sich sonst hin- und hergerissen fühlen in seiner Loyalität dir und den anderen gegenüber. Geh sogar so weit, dass du auf jeden Fall verhinderst, dass dein Kind merkt, dass du ein Problem mit den Eltern deines Ex-Partners hast.
  2. Höflicher Smalltalk sollte immer drin sein. Sprich über das Wetter, den Stau, die Theatervorstellung, wenn du dein Kind bringst oder abholst. Schau dir dein Kind an – wenn es strahlt und richtig glücklich ist, ist alles gut.
    Das ist dein Lohn für deine Mühen!
  3. Gehe nicht auf den Leim einer Steilvorlage! Diskussionen oder Gespräche über den/die Ex sollten tabu sein (erst recht im Beisein des Kindes, aber ich denke, das weißt und lebst du eh‘ schon).
  4. Es soll Großeltern geben, die jede Woche mindestens einmal auf der Matte stehen und das Kind sehen wollen. Wenn dir das zu viel ist, setze Grenzen. Suche dir die Frequenz, die dir noch einigermaßen zumutbar ist (nein, einmal im Jahr reicht nicht – gib deinem Kind bitte auch die Chance, die Beziehung zu leben).
  5. Du hast es wahrscheinlich schon herausgelesen: Oma und Opa sehen heißt nicht automatisch, dass du mit gequältem Gesicht und gekünstelter guter Laune danebenhocken musst. Wenn sie rüstig genug sind, spricht nichts dagegen, das Kind komplett in ihrer Obhut zu lassen.Du kannst dich ja in der Zeit in ein schönes Café hocken und mal wieder die eigenen Flirtkünste auffrischen. Eine schöne Gelegenheit übrigens, das Loslassen zu üben…
  6. Es wird immer mal Zeiten geben, in der es in den Ferien keine Kinderbetreuung gibt oder die Tagesmutter oder du selbst (!) krank wirst. Es ist immer besser, das Kind ist dann bei Verwandten gut aufgehoben.
    Blöd, wenn du dir das vorher verscherzt hast.

Du merkst es: Es gibt Mittelwege zwischen Bussi rechts, Bussi links und totaler Funkstille.

Und ja, Trennungen früher, ohne Kind, waren einfacher. Aus den Augen, aus dem Sinn. Jetzt bist du Teil einer Elternschaft, du hast die Verantwortung über das Wohl und Wehe deines Kindes, und das heißt auch hin und wieder, einen Riesensatz über den eigenen Schatten machen zu müssen.

Denn es geht hier in diesem Fall nicht um dich, sondern um die Bezugspersonen deines Kindes.

Ich kann dich trösten: Du wirst daran wachsen, garantiert.

Kleine Nebenbemerkung (passt nicht wirklich zum Thema Ex-Schwiegereltern, gehört aber zum gleichen „Problemfeld“):

Ich kenne eine Mutter, die ihr Kind sogar hin und wieder noch zu ihrer eigenen Nachfolgerin hingekarrt hat, welche mittlerweile auch schon nicht mehr mit dem Ex zusammen war, aber mit der ihr Kind eine innige Beziehung aufgebaut hatte.

Es geht offensichtlich doch mehr, als unsereiner anfangs ahnt, wenn man sein Kind liebt und dessen Seele so weit wie möglich vor den Schäden einer Trennung schützen will – welchen Teilaspekt diese auch immer haben mag. Dazu in kommenden Artikeln mehr.

Wie siehst du das? Welche Erfahrungen hast du mit deinen Ex-Schwiegereltern gemacht? Ich freue mich über deinen Kommentar weiter unten.

Heidi